Sekirei: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Kamigraphie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Zeile 56: Zeile 56:
 
*{{Literatur:Naumann_1971}}
 
*{{Literatur:Naumann_1971}}
 
===Weblinks===
 
===Weblinks===
 +
* {{Link:Jhti}}
 
* http://de.wikipedia.org/wiki/Stelzen_(Gattung)
 
* http://de.wikipedia.org/wiki/Stelzen_(Gattung)

Version vom 30. Oktober 2011, 23:18 Uhr

Vogel auf der ersten Insel

Auf vielen Darstellungen von Izanagi und Izanami findet sich ein unauffälliger kleiner Vogel der jedoch ganz offensichtlich die Aufmerksamkeit der beiden Gottheiten in Anspruch nimmt. Was ist das für ein Vogel, was hat es mit ihm auf sich?

Zitat Nihon shoki

Die Darstellung bezieht sich offenbar auf den Mythos der Weltenschöpfung durch Izanagi und Izanami. Dieser wird im Nihon shoki in zahlreichen, unterschiedlichen Versionen erzählt. Eine davon lautet:

Originaltext:

遂將合交。而不知其術。時有鶺鴒。飛來搖其首尾。二神見而學之。即得交道。

Wie in anderen Fällen, wo explizit-sexuelle Inhalte in den Mythen auftauchen, übersetzt W.G. Aston (1896) diese Stelle nicht ins Englische, sondern gibt sie auf Latein wieder:

Postemo cupiebant coire, sed artis nescii erant. Tum erat motacilla [Anm. Aston: anglice, wagtail] quae volavit, atque concussit suum caput et suam caudam. Quod cum vidissent duo Dei, imitate sunt eam, et in hoc modo artem coeundi potiti sunt.
(Vgl. Aston 2008:17)

Übersetzung aus dem Lateinischen

Sie wünschten sich zu vereinigen, aber sie waren der Kunst unkundig. Da kam eine Bachstelze [motacilla] herbeigeflogen und schüttelte ihren Kopf und Schwanz. Da die beiden Götter das gesehen hatten, ahmten sie diese [die Bachstelze] nach und bemächtigten sich so der Kunst des Koitus.
Schönberger (13:27, 14. Okt. 2011)

Nelly Naumann (1971) übersetzt:

Schließlich waren sie im Begriff, miteinander Beischlaf auszuüben, aber sie verstanden die Kunst nicht. Da war eine Bachstelze, welche herbeigeflogen kam und ihren Kopf und Schwanz hin und her bewegte. Die beiden Gottheiten sahen es und ahmten es nach und fanden so die Art und Weise des Beischlafes heraus.

Bachstelze

Bachstelze von Hokusai

Bei dem Vogel handelt es sich also um eine Bachstelze (sekirei). Bachstelzen zeichnen sich durch einen besonders langen Schwanz und durch ein permanentes Hin- und Herwippen aus, was auch in ihrem englischen Namen, wagtail, anschaulich zum Ausdruck kommt. Der Mythus sieht darin die Andeutung des Geschlechtsakt und berichtet daher, dass die Bachstelze Izanami und Izanagi als Vorbild bei der Zeugung der japanischen Inseln gedient hat.

Even the Divine Couple Izanagi and Izanami, did not know how to act in coition, when they entered into conjugal relations,until the wagtail suggested it to them. Curiously enough in this case the bird is a teacher of the deities.

Kato 2011: 38

Überlegungen

In einer ornithologischen online-Datenbank habe ich gesehen, dass die Bachstelze (im Haiku?) auch als totsugidori (嫁鳥 lit. "married to the husband's family") bezeichnet wird (mein ornitholigscher Hintergrund ist allerdings sehr bescheiden bis gar nicht vorhanden, deswegen kann ich die wissenschaftliche Genauigkeit des Werks nicht einschätzen.). Gemäß dem "Henne oder Ei"-Problem kann ich auch nicht einschätzen, ob die Bachstelze diesen Zusatznamen aufgrund ihrer Funktion im Urpsrungsmythos bekommen hat, oder aufgrund der Verbreitung dieses Namens schon vor der Entstehung der Geschichten eben aus diesem Grund in ihrer Funktion als "Liebesvogel" in der Erzählung erwähnt wird.

Ein weiterer Hinweis könnte bei Carl Etter zu finden sein, der in seinem Werk Ainu Folklore: Traditions and Culture of the Vanishing Aborigines of Japan die Wichtigkeit der Bachstelze in der Kultur der Ainu betont: ‚[...] that the water wagtail is much esteemed by the Ainu, for they consider it to be a bird of good omen. It is supposed to have been the first bird created and is thought to be a special favorite and companion of the Gods.‘ (Etter 1949:23). Möglicherweise war also die Bachstelze schon zu Zeiten der Niederschrift des Nihonshoki bei verschiedenen Stämmen ein wichtiges Kulttier, ein Begleiter einer wichtigen Gottheit oder Ähnliches und wurde (wie ja auch viele andere Figuren im Nihonshoki) in die Geschichte hineingeschrieben um eine lokale Gottheit und/oder ihre Anhänger zu befrieden, indem deren Sagen in den Kreis des großen Urpsrungsmythos integriert werden.

--LisaH 17:41, 16. Okt. 2011 (CEST)

Verdrängung der Bachstelze

Anzumerken ist, dass sich unter den zahlreichen Varianten des Mythos der Weltentstehung im Nihon shoki gerade jene mit der Bachstelze auf bildlichen Darstellungen durchgesetzt hat. Zumindest in den Ukiyoe der Edo-Zeit. Offenbar passte der subtil angedeutete sexuelle Akt, dem sich die Zeugung der Welt verdanken soll, trotz der logischen Ungereimtheiten (wieso gibt es die Bachstelze, bevor die Welt erschaffen worden ist?) besonders gut zum Zeitgeist der "fließenden Welt". In der Meiji Zeit taucht die Bachstelze noch da und dort auf, gerät aber ganz offensichtlich unter dem Einfluss europäisch-puritanischer Einstellungen zur Sexualität langsam in Vergessenheit.

Quellen

Literatur

  • William George Aston (Ü.) 1896
    Nihongi: Chronicles of Japan from the earliest times to a.d. 697. London: Kegan Paul 1896. (Zahlreiche Neuauflagen, JHTI Onlineversion, Onlineversion (Wiki-Source).)
  • Frederick Hadland Davis 1913
    Myths & legends of Japan. New York: Thomas Y. Crowell Company 1913.
  • Carl Etter 1949
    Ainu folklore: traditions and culture of the vanishing aborigines of Japan. U.S.A: Wilcox and Follett Company 1949.
  • Katō Genchi (Hg.) 2011
    A study of Shinto: The religion of the Japanese nation. Oxon: Routledge 2011. (1. Aufl. 1926.)
  • Nelly Naumann 1971
    Das Umwandeln des Himmelspfeilers: Ein japanischer Mythos und seine kulturhistorische Einordnung. (Asian folklore studies, Monograph 5.) Tokyo: Soc. for Asian Folklore 1971.

Weblinks