Susanoo und Ōkuninushi: Unterschied zwischen den Versionen

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* [http://www.univie.ac.at/rel_jap/mythen/mythen.htm Mythen, Legenden und Glaubensformen](Stand: 2012/09/24). Aus: {{Link:Religion in Japan}}
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* [http://www.univie.ac.at/rel_jap/mythen/mythen.htm Mythen, Legenden und Glaubensformen] (Stand: 2012/09/24). Aus: {{Link:Religion in Japan}}
  
 
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Version vom 1. Oktober 2012, 10:44 Uhr

Die Geschichten der Nachfolger des Susanoo 須佐之男 sind vor allem im Kojiki 古事記 (712) beschrieben. Sie entstammen wahrscheinlich einem eigenen Mythenkreis, der in den Erzählungen rund um die Sonnengottheit Amaterasu 天照 ursprünglich gar nicht vorkam. Susanoo und seine Nachkommen werden vor allem in Izumo verehrt, der Hauptheld des Izumo Sagenkreises ist allerdings nicht Susanoo, sondern Ōkuninushi 大国主/ Ōnamuchi 大己貴/大穴牟遅.

Allein der Haupttext des Nihongi bezeichnet Ōkuninushi als Sohn des Susanoo und bewahrt so die Logik des Mythos. Das Kojiki und Nihon shoki schieben zwischen Susanoo und Ōkuninushi fünf bzw. sechs Generationen ein, die nur der genealogischen Interessen derer dienen, die ihre Abstammung auf Susanoo zurückführen möchten. Zu dieser Diskrepanz zwischen Nihon shoki und Kojiki kam es laut Aoki, als man die verschiedenen Legenden zusammentrug, um daraus eine systematische nationale Mythologie zu schaffen (Aoki 1971:54).

Das Kojiki beinhaltet eine detailliertere Version des Izumo-Mythenkreises. Über den ersten Teil der Mythen rund um Ōkuninushi berichtet allein das Kojiki. Vermutlich erschien die breit angelegte, märchenhafte Erzählung den Kompilatoren des Nihon shoki für die politische Geschichte nicht relevant genug.

Erst ab der Episode der Landformung mit Sukuna Bikona 少彦名/少名毘古那 (die gleich an die Aufzählungen der Namen des Ōkuninushi anschließt) berichtet auch das Nihon shoki von Ōkuninushis Abenteuern. Interessanterweise sind ab hier die Berichte des Nihon shoki ausführlicher als die des Kojiki. Mehrere Varianten des Nihongi haben einiges überliefert, das im Kojiki fehlt.

Statue des Ōkuninushi im Jishu-Schrein, Kyoto


Ōkuninushi und der weiße Hase von Inaba 因幡の白兎

Ōkuninushi und seine 80 (Halb)Brüder ziehen gemeinsam aus, um Prinzessin Yakami 八上比売 in Inaba 因幡 zu freien. Ōkuninushi fungiert dabei eher Gefolgsmann und Träger. Auf ihrer Reise treffen sie auf einen weißen (weiß ist hier mit nackt gleichzusetzen) Hasen, dem sie raten im Meerwasser zu baden und im Wind zu trocknen. Der Hase leidet aber nur noch mehr. Ōkuninushi fragt, warum Hase nackt ist. Dieser erklärt ihm, dass er, um von Insel Oki aufs Festland zu gelangen, Krokodile (wani) mit folgender List täuschte: Er schlug einen Wettstreit vor, welche Sippe zahlreicher sei. Er wies alle Krokodile an, sich in einer Reihe hinzulegen und indem der Hase auf ihre Rücken sprang, wollte er sie zählen. Als er gerade dabei war, an Land zu springen offenbarte er den Krokodilen, dass er sie benutzt hatte. Das letzte Krokodil aber schnappte nach ihm und zog ihm das Fell ab.

Ōkuninushi rät dem leidenden Tier in frischem Wasser zu baden und sich in Blütenstaub zu wälzen. Der Hase, der in Wirklichkeit eine Gottheit ist, prophezeit ihm, dass er Prinzessin Yakami heiraten wird. Als sich die Prophezeiung des Hasen bewahrheitet und Yakami-hime Ōkuninushi zum Gemahl nimmt, schlägt die Verachtung der Brüder in Hass um. Einmal töten sie ihn mit einem brennenden Stein, einmal zerquetschen sie ihn unter einem Baum. Einmal errettet ihn seine Mutter indem sie sich hilfesuchend an Kami Musubi wendet, ein weiteres Mal erweckt sie ihren Sohn selbst wieder zum Leben. Als seine Brüder ihn ein weiteres Mal töten wollen, rät sie ihm zu Susanoo nach Ne no kuni 根の国 zu reisen, der ihm einen Rat geben soll.

Ne no kuni

Dort trifft er auf Suseri-bime 須勢理毘売, die er zur Ehefrau nimmt. Diese eilt zu ihrem Vater Susanoo und teilt ihm mit, eine hübsche Gottheit sei gekommen. Susanoo aber nennt ihn Ashihara Shikowo 葦原醜男神, den „hässlichen Mann der Schilfgefilde“. Susanoo stellt ihm drei Aufgaben: Schlafen im Schlangengemach und schlafen im Wespengemach, beide Male rettet ihn ein Zauberschal der Suseri-bime. Als dritte Aufgabe schießt Susanoo einen Pfeil in ein brennendes Moor und lässt Ōkuninushi diesen suchen. Diesmal retten ihn Mäuse.

Nachdem er die 3 Prüfungen bestanden hat, lässt ihn Susanoo in sein Haus und bittet Ōkuninushi ihn zu lausen. Als Susanoo einschläft, bindet Ōkuninushi dessen Haare fest, stielt das Schwert des Lebens, Pfeile und Bogen des Lebens und die himmlische Verkündungszither und flieht mit Suseri-bime. Die Zither aber stößt an einem Baum an und so erwacht Susanoo, der die Fliehenden bis zu den Grenzen der Unterwelt nacheilt, die reale Welt scheint er nicht beteten zu dürfen, und Ōkuninushi schließlich nachruft:

„Nimm das Schwert und Bogen und Pfeile des Lebens, die du bei dir hast und verfolge deine Brüder […] Und werde du, Gauner, zum Gott Ōkuninushi und zum Gott Utsushi-kuni-dama und mache meine Tochter Suseri-bime zu deiner Hauptgemahlin […]!“

Hier, am Ende der Episode erfahren wir erst, warum er dem Sohn die Prüfungen auferlegt hat. Susanoo erteilt Ōkuninushi einen Herrschaftsauftrag. Mit den „Waffen des Lebens“ soll er das Böse vernichten und seine Herrschaft gründen, sie sind das sichtbare Zeichen der Legitimation. Wie befohlen verfolgt Ōkuninushi mit Schwert und Bogen seine 80 Brüder bis sie an den Hängen eines jeden Hügels liegen. Danach beginnt er das Land neu zu formen. Mit dieser Formung des Landes wird der Akt der Schöpfung des Götterpaares fortgesetzt, der durch Izanamis Tod unterbrochen wurde.

In dieser Episode wird Susanoo hier durchwegs als „Großer Gott“ bezeichnet, es ist kein weiterer Name erforderlich. Hier zeigt sich laut Naumann die alles überragende, zentrale Stellung des Gottes Susanoo und der mit ihm verbundenen Götter (Naumann 1996:119).


Nunagawa-hime

Als nächstes folgt ein Bericht, in dem Ōkuninushi um Prinzessin Nunagawa aus Koshi freit. Hier wird er allerdings als Yachi-hoko no kami bezeichnet. Die Erzählung erfolgt in Form von Gedichten. Interessant, dass hierbei in einer Strophe erwähnt wird, dass Ōkuninushi vorhat, von „Izumo nach Yamato“ zu gehen. An diese Erzählung schließt eine lange Aufzählung von Gattinnen, Kindern und deren Nachfolger an. Die Gottheiten spielen aber in den Mythen oder als Gottheiten bestimmter Schreine nur eine bescheidene Rolle.


Sukuna Bikona

Als sich Ōkuninushi am Kap von Miho befindet (Kojiki) bzw. am Strand von Isasa (Nihongi) kommt eine winzige Gottheit im Boot auf ihn zugeschwommen. Das Benehmen des Gottes ist unhöflich und es erfordert zuerst gewisse Umstände, den Namen des Gottes zu erfahren. Es ist Sukuna bikona, der Sohn des Kami Musubi, der durch seine Finger gefallen ist (im Kojiki).

Im Nihon shoki erklärt allerdings Takamimusbi, dass unter seinen vielen Kindern ein böses und unfolgsames war, das zwischen seinen Fingern hindurch schlüpfte und hinunterfiel (Aston 2008:59-61). Sie sollen sich verbrüdern und Land formen.

Der Strand von Inasa

Während sich das Kojiki auf das Bilden des Landes beschränkt, vermittelt das Nihongi ein komplexeres Bild der Tätigkeiten der beiden Götter. Hier erscheinen sie auch als Wohltäter der Menschen. Sie bestimmen wie Krankheiten von Tieren und Menschen zu heilen sind und sie lehren magische Sprüche und Methoden zur Vertreiben allen Übels. Sie werden zu Göttern des Heilens.

Ōkuninushi und Sukuna Bikona gestalten mit vereinten Kräften die Welt unter dem Himmel. Eines Tages meint Ōkuninushi, dass sie dieses Land gut gemacht hätten. Sukuna Bikona antwortet darauf, dass es sowohl Vollkommenes als auch Unvollkommenes gebe. Im Nihon shoki wird extra angemerkt: "Dieses Gespräch hat zweifellos eine rätselhafte Bedeutung". Sukuna Bikona begibt sich daraufhin nach Tokoyo-kuni (Land des immerwährenden Lebens).

Ōmiwa

Ōkuninushi fühlt sich verlassen. Doch wieder naht Hilfe vom Meer. Es wird von einem göttlichen Glanz erleuchtet. Etwas schwimmt auf ihn zu das sagt: „Gäbe es mich nicht, wie hättest du dieses Land befrieden können? Nur aufgrund meiner Existenz konntest du dieses große Werk vollenden.“ Ōkuninushi fragt, wer dieser Geist sei. Dieser antwortet: „Ich bin dein Schutzgeist (Naumann: Segensgeist), dein wundersamer Geist (Naumann: Heilsgeist). Ōkuninushi antwortet, dass er ihn als seinen Schutzgeist erkenne und fragt ihn, wo er wohnen wolle. Der Geist antwortet, er wolle im Berg Mimoro 三諸山 (Miwa 三輪山) in Yamato 大和 leben. Also baut der Herr des Großen Landes dort einen Palast. Der göttliche Geist ist der Gott von Ōmiwa 大神.

Zu den Kindern dieser Gottheit zählt auch Isuzu-hime no mikoto, die Kaiserin des ersten Tennō Kami-Yamato Ihare-Biko Hohodemi (Jinmu Tennō). Eine andere Version des Nihongi berichtet, dass sich Kotoshiro-nushi 事代主神 (ein Sohn des Ōkuninushi) in ein Seeungeheuer verwandelt und so Hime-tatara Isuzu-hime no mikoto zeugt(Aston 2008:59-63). Auch hier wieder ein Hinweis auf die Verbindung des Ōkuninushi mit Ōmiwa.


Das Kojiki fasst sich bei dieser Episode sehr kurz. Das Nihongi aber lässt keinen Zweifel daran, dass die göttliche Lichterscheinung ein Teil des Ōkuninushi selbst ist. Sie bezeichnet sich als „Sein Segensgeist, sein Heilsgeist“ (Naumann 1996:125). Es ist Teil seiner selbst und doch so eigenständig, einen eigenen Palast fordern zu können, es ist eine Art alter Ego des Ōkuninushi. Der eigentliche Name des „Groß-Gottes von Miwa“ ist Ōmononushi. Ōmononushi ist wiederum ein Beiname des Ōkuninushi. Die Vorstellung des Gottes von Miwa verbindet Yamato stark mit Izumo. In Izumo-Schrein wird Ōkuninushi unter dem Namen „Yamato no Ōkunitama“ verehrt. Die Neugründung des Schreins erfolgte in frühhistorischer Zeit unter dem semi-mythologischem Kaiser Sujin.

Als „Herr der Großen Lande“ war Ōkuninushi mythologisch gesehen der Herr der irdischen Welt, in einer Zeit, als man jedoch die politische Einheit, das Yamato-Reich, im Auge hatte, musste man Ōnamuchi zum Beschützer des Reiches machen, dem auch ein Sitz im Zentrum gebührte (Naumann 1996:128).

Kuniyuzuri 国譲り, die Landübergabe

siehe Ninigi


Quellen


Dieser Artikel wurde ursprünglich für das Schwesterprojekt Fudokipedia verfasst.