Besessenheit im Heike monogatari: Unterschied zwischen den Versionen

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Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal ist, ob es sich um eine kontrollierte oder unkontrollierte Besessenheitsform handelt. Hiermit ist gemeint, ob das Medium grundsätzlich Kontrolle über die Ausprägungen der Besessenheit hat oder nicht. Eine unfreiwillig hervorgerufene, kontrollierte Besessenheit würde also zum Beispiel bedeuten, dass das Medium die besitzergreifende übernatürliche Entität zwar nicht bewusst hervorruft, aber im Fall der Besessenheit weiterhin mehr oder weniger Kontrolle über den Verlauf der Besessenheit hat und somit sogar in manchen Fällen die Besessenheit von sich heraus beenden kann. Dies ist zum Beispiel oft bei prophetischen Visionserscheinungen der Fall <ref>Staemmler 2009, S. 23</ref>.
 
Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal ist, ob es sich um eine kontrollierte oder unkontrollierte Besessenheitsform handelt. Hiermit ist gemeint, ob das Medium grundsätzlich Kontrolle über die Ausprägungen der Besessenheit hat oder nicht. Eine unfreiwillig hervorgerufene, kontrollierte Besessenheit würde also zum Beispiel bedeuten, dass das Medium die besitzergreifende übernatürliche Entität zwar nicht bewusst hervorruft, aber im Fall der Besessenheit weiterhin mehr oder weniger Kontrolle über den Verlauf der Besessenheit hat und somit sogar in manchen Fällen die Besessenheit von sich heraus beenden kann. Dies ist zum Beispiel oft bei prophetischen Visionserscheinungen der Fall <ref>Staemmler 2009, S. 23</ref>.
 
Auch kann es sinnvoll sein, unterschiedliche Ausprägungen dahingegen zu differenzieren, aus welcher sozialen Schicht eine mediumistische Erfahrung entspringt. Hierbei wird zwischen einer zentralen beziehungsweise einer peripheren Besessenheit unterschieden. Eine zentrale Besessenheit ist normalerweise Teil des vorrangigen spirituellen Kultes einer Gesellschaft und dient zur Aufrechterhaltung einer sozialen Ordnung. Eine periphere Besessenheit würden normalerweise Angehörige einer eher niedrigen sozialen Schicht erhalten, wodurch sich ein gewisser Widerstand gegen die vorrangige soziale Ordnung ausdrücken würde <ref>Staemmler 2009, S. 24-25</ref>. Der Aspekt der sozialen Differenzierung spielt in der folgenden Auseinandersetzung aber nur eine nebensächliche Rolle.
 
  
 
Ein weiterer Aspekt zur Unterscheidung stellt auch die besitzergreifende Entität selbst dar. Meist steht diese ebenfalls in Verbindung zu dem letztendlichen Resultat der Besessenheit. Handelt es sich um einen erfreulichen Ausgang, so handelt es sich meist um eine wohlwollende Gottheit. Handelt es sich im Gegensatz aber um ein eher unerfreuliches Ergebnis der Besessenheit, wie einer Krankheit, so wird dies meist als Besessenheit einer böswilligen Entität beziehungsweise Gottheit gesehen.
 
Ein weiterer Aspekt zur Unterscheidung stellt auch die besitzergreifende Entität selbst dar. Meist steht diese ebenfalls in Verbindung zu dem letztendlichen Resultat der Besessenheit. Handelt es sich um einen erfreulichen Ausgang, so handelt es sich meist um eine wohlwollende Gottheit. Handelt es sich im Gegensatz aber um ein eher unerfreuliches Ergebnis der Besessenheit, wie einer Krankheit, so wird dies meist als Besessenheit einer böswilligen Entität beziehungsweise Gottheit gesehen.
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In der ''Kakuichi-bon''-Fassung finden sich zwei Erzählungen, in der eine unfreiwillig hervorgerufene Besessenheit durch eine wohlwollende Entität geschildert wird. Beide Erzählungen finden noch recht am Anfang der größeren Rahmenhandlung des ''Heike monogatari'' am Ende von Buch 1 und am Anfang von Buch 2 statt. Zu diesem Zeitpunkt herrscht gerade ein Konflikt zwischen den Mönchen des ''Enyraku-ji'' 延暦寺 der Tendai-Schule und dem Hofadel in Heian-kyō. Die Tendai-Mönche erbeten den abgedankten und in den Mönchsstand eingetreten Tennō Go-Shirakawa 後白河法皇<ref>zu dieser Zeit war es üblich, dass ein Tennō erst politisch aktiv wurde, sobald er sein Amt offiziell niedergelegt hat und in den Mönchsstand eingetreten ist</ref> darum, für die Tendai-Schule unliebsame politische Akteure ihrer Ämter zu entheben und ins Exil zu schicken. Go-Shirakawa kommt dieser Bitte aber nicht nach, weshalb die Mönche mit Aufständen beginnen, die teilweise in kriegerische Auseinandersetzungen münden, was die Situation nur noch weiter aus dem Ruder laufen lässt. Beide Episoden werden in Folge dieser Auseinandersetzungen des kaiserlichen Hofes mit den Mönchen des ''Enryaku-ji''-Klosterkomplexes erzählt.
  
 
=== Buch 1, Abschnitt 14 ===
 
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Diese erste Besessenheits-Episode wird zu Beginn des oben genannten Konflikts geschildert. <ref>Folgende Ausführungen zum Inhalt des Abschnitts folgen der kommentierten Ausgabe des Originaltextes (SNKBT 44, S. 51–56) und den Übersetzungen von Kitagawa Hiroshi (1975, S. 60–66) und Helen Craig McCullough (1988, S. 49–52).</ref> Die Mönche der Tendai-Schule haben zunächst die Bitte an Go-Shirakawa geschickt und sind aufgrund der bisherigen Untätigkeit des abgedankten Tennō  daran, einen Protestzug mit den ''mikoshi'' 神輿 <ref>eine Sänfte, die als Sitz einer Kami-Gottheit zu Umzügen und Festivitäten verwendet wird</ref> der Schutzgottheiten des Berg Hiei 比叡山 (''sanō'' 山王) nach Heian-kyō durchzuführen. Nach der Schilderung der Versammlung der Mönche an den Schreinen der Schutzgottheiten folgt ein Wechsel der Erzählzeit etwa 100 Jahre vor der eigentlichen Erzählzeit des ''Heike monogatari''.
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Hier wird von einer ähnlichen Situation zwischen den Mönchen des ''Enryaku-ji'' und dem Aristokratenhof erzählt. Da ein Mitglied der Aristokratie einen Mönch bei einer Konfrontation getötet hat, gehen 30 hochrangige Mönche der Tendai-Schule nach Heian-kyō, um Rechenschaft durch den kaiserlichen Hof zu fordern. Anstelle, dass der Hof ihnen aber Gehör schenkt, werden sie von Wachen mit Pfeilen angegriffen, wodurch acht der Mönche getötet werden und die restlichen in die Flucht getrieben werden. Erzürnt über diese Missetaten wenden sich die Mönche des ''Enryaku-ji'' an die Schutzgötter des Berg Hiei. Dafür holen sie die ''mikoshi'' der sieben Schutzgötter in die Haupthalle und führen dort eine eintägige Rezitation von Sutren durch, worauf sie ''Hachiōji'' 八王子, eine der sieben Schutzgottheiten, bitten, den derzeitigen Fujiwara-Regenten mit einem Brummpfeil abzuschießen und damit zu verfluchen.
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In der folgenden Nacht hat jemand in Heian-kyō einen Traum, dass vom Berg ''Hiei'' ein Brummpfeil in das Haus des Regenten geschossen wurde, und daraufhin wird der Regent schwer krank, was im Text der Macht des ''Hachiōji'' zugeschrieben wird. Die Mutter des Regenten verkleidet sich als Frau von niederem Stand, um zum Schrein von ''Hachiōji'' zu gehen und dort die Gottheit um Gnade für ihren Sohn zu bitten. Hierzu betet sie sieben Tage und Nächte lang in Stille, wobei sie drei geheime Versprechen an die Gottheit macht, die sie sonst niemandem verrät.
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In der letzten der sieben Nächte fällt eine Schreinjungfrau (''warawa miko'' 童神子), die auf Pilgerschaft zu dem Schrein gereist war, in Ohnmacht. Wenig später erwacht sie plötzlich wieder und beginnt zu tanzen. Nach einer halben Stunde beginnt sie dann besessen von der Schutzgottheit zu sprechen. In dieser Besessenheit zählt die Gottheit die drei Gelübde auf, die die Mutter des Regenten still gemacht hatte, und verkündet, dass die Gottheit den Regenten noch drei Jahre zu leben lassen würde, sofern die Mutter zumindest das letzte ihrer drei Gelübde einhalten würde, dass sie jeden Tag Rezitationen des Lotos-Sūtras am Schrein von ''Hachiōji'' durchführen lassen würde. Nach dieser Verkündung verlässt die Gottheit den Körper der Schreinjungfrau. Da die Mutter niemandem von ihren Gelöbnissen erzählt hatte, ist sie überzeugt, dass das Orakel wahrlich durch den Geist der Gottheit übertragen wurde, und lässt, wie versprochen, jeden Tag das Lotos-Sūtra rezitieren. Daraufhin wird der Regent zwar wieder gesund, doch wie angekündigt, verstirbt er nach drei Jahren dennoch frühzeitig.
  
 
=== Buch 2, Abschnitt 3 ===
 
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Version vom 17. Juli 2019, 23:15 Uhr

Hauptsächlich handelt das mittelalterliche Krieger-Epos (jap. gunki monogatari 軍記物語) Heike monogatari 平家物語 (dt. „Erzählungen von den Heike“) von dem politischen beziehungsweise militärischen Konflikt zwischen dem Taira- (auch Heike 平家) und dem Minamoto-Klan (auch Genji 源氏). Schlussendlich gingen im Laufe dieses Konflikts die Taira unter und die siegreichen Minamoto etablierten eine Militärregierung (bakufu 幕府) in Kamakura 鎌倉 im Osten von Japan. Das Heike monogatari ist in verschiedenen Fassungen überliefert, die alle erst im Laufe der Zeit aus zunächst oral tradierten Texten kompiliert und niedergeschrieben wurden. Somit sollte man immer im Hinterkopf behalten, dass auch wenn größten Teils historische Geschehnisse beschrieben werden, diese jedoch immer im Rahmen dieses literarischen Werkes narrativ ausgeschmückt wurden und damit auch von der Sichtweise der jeweiligen Kompilatoren beziehungsweise Verfasser geprägt sind. [1]

Neben den direkten kriegerischen Konfrontationen der beiden Fraktionen werden aber auch einige unterschiedliche Topoi behandelt und in die Geschichte hineingewoben. So finden sich zum Beispiel auch einige Liebeserzählungen oder Vergleiche zu vergangen Zeiten der japanischen oder chinesischen Geschichte. Ebenfalls wurden in die Heike-Texttradition einige Episoden, in denen Begegnungen mit übernatürlichen Begebenheiten geschildert werden, aufgenommen und ausformuliert.

Besessenheit

Unter Besessenheit (jap. hyōi 憑依) wird im Folgenden ein zugeschriebener Zustand verstanden, in dem eine übernatürliche Kraft, ein Geist oder eine Gottheit in den Körper eines Menschen fährt und dadurch unterschiedliche Umstände hervorruft. Der Mensch, von dem diese übernatürliche Entität Besitz ergreift, wird als „Medium“ bezeichnet. Um die unterschiedlichen Umstände, durch die sich eine solche Besessenheit äußert, zu unterscheiden, gibt es verschiedene Merkmale. Eine sinnvolle Unterscheidungsmöglichkeit ist, ob eine Besessenheit vom Medium selbst herbeigerufen wurde und somit ein freiwillig hervorgerufener (solicited) Akt des Mediums ist, oder ob das Medium ohne dessen Absicht in einen Besessenheitszustand verfällt und dieser Akt somit ein unfreiwillig hervorgerufener (unsolicited) Akt ist. Diese Unterscheidung steht meistens, aber nicht immer, damit in Verbindung, ob das Resultat der Besessenheit ein grundsätzlich wünschenswertes oder eher ein schädigendes Ergebnis ist [2]

Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal ist, ob es sich um eine kontrollierte oder unkontrollierte Besessenheitsform handelt. Hiermit ist gemeint, ob das Medium grundsätzlich Kontrolle über die Ausprägungen der Besessenheit hat oder nicht. Eine unfreiwillig hervorgerufene, kontrollierte Besessenheit würde also zum Beispiel bedeuten, dass das Medium die besitzergreifende übernatürliche Entität zwar nicht bewusst hervorruft, aber im Fall der Besessenheit weiterhin mehr oder weniger Kontrolle über den Verlauf der Besessenheit hat und somit sogar in manchen Fällen die Besessenheit von sich heraus beenden kann. Dies ist zum Beispiel oft bei prophetischen Visionserscheinungen der Fall [3].

Ein weiterer Aspekt zur Unterscheidung stellt auch die besitzergreifende Entität selbst dar. Meist steht diese ebenfalls in Verbindung zu dem letztendlichen Resultat der Besessenheit. Handelt es sich um einen erfreulichen Ausgang, so handelt es sich meist um eine wohlwollende Gottheit. Handelt es sich im Gegensatz aber um ein eher unerfreuliches Ergebnis der Besessenheit, wie einer Krankheit, so wird dies meist als Besessenheit einer böswilligen Entität beziehungsweise Gottheit gesehen.

Durch diese Unterscheidungen nennt die deutsche Japanologin Birgit Staemmler vier Hauptarten, durch die sich Besessenheit ausdrückt: [4]

1. Unfreiwillig hervorgerufene Besessenheit durch eine böswillige Entität, welche sich in Form einer Krankheit oder unkontrollierbarer Trance manifestiert. Diese wird negativ gedeutet und die besitzergreifende Entität muss exorziert oder beschwichtigt werden.

2. Unfreiwillig hervorgerufene Besessenheit durch eine wohlwollende Entität, welche sich in Form einer kontrollierbaren Trance eines Propheten für diese Entität äußert.

3. Unfreiwillig hervorgerufene Besessenheit, die sich als Trance in Kombination anderer Symptome äußert, welche als Zeichen zur Berufung eines professionellen Mediums zur Initiation verstanden wird. Infolge dessen soll der Berufene seinen Geist stärken und dadurch zu einem religiösen Spezialisten werden.

4. Freiwillig hervorgerufene Besessenheit, welche von einem religiösen Spezialisten bewusst ausgelöst wird, um seinen Tätigkeiten als solcher nachzugehen und damit spirituelle Unordnung durch Kommunikation mit übernatürlichen Entitäten wieder in Ordnung zu bringen.

In Bezug auf die Kakuichi-bon-Fassung (覚一本 1372) des Heike monogatari sind eigentlich nur die erste und zweite Ausprägung von Belangen.

Unfreiwillig hervorgerufene Besessenheit durch böswillige Entitäten

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Unfreiwillig hervorgerufene Besessenheit durch wohlwollende Entitäten

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In der Kakuichi-bon-Fassung finden sich zwei Erzählungen, in der eine unfreiwillig hervorgerufene Besessenheit durch eine wohlwollende Entität geschildert wird. Beide Erzählungen finden noch recht am Anfang der größeren Rahmenhandlung des Heike monogatari am Ende von Buch 1 und am Anfang von Buch 2 statt. Zu diesem Zeitpunkt herrscht gerade ein Konflikt zwischen den Mönchen des Enyraku-ji 延暦寺 der Tendai-Schule und dem Hofadel in Heian-kyō. Die Tendai-Mönche erbeten den abgedankten und in den Mönchsstand eingetreten Tennō Go-Shirakawa 後白河法皇[5] darum, für die Tendai-Schule unliebsame politische Akteure ihrer Ämter zu entheben und ins Exil zu schicken. Go-Shirakawa kommt dieser Bitte aber nicht nach, weshalb die Mönche mit Aufständen beginnen, die teilweise in kriegerische Auseinandersetzungen münden, was die Situation nur noch weiter aus dem Ruder laufen lässt. Beide Episoden werden in Folge dieser Auseinandersetzungen des kaiserlichen Hofes mit den Mönchen des Enryaku-ji-Klosterkomplexes erzählt.

Buch 1, Abschnitt 14

SNKBT 44:51-56

Diese erste Besessenheits-Episode wird zu Beginn des oben genannten Konflikts geschildert. [6] Die Mönche der Tendai-Schule haben zunächst die Bitte an Go-Shirakawa geschickt und sind aufgrund der bisherigen Untätigkeit des abgedankten Tennō daran, einen Protestzug mit den mikoshi 神輿 [7] der Schutzgottheiten des Berg Hiei 比叡山 (sanō 山王) nach Heian-kyō durchzuführen. Nach der Schilderung der Versammlung der Mönche an den Schreinen der Schutzgottheiten folgt ein Wechsel der Erzählzeit etwa 100 Jahre vor der eigentlichen Erzählzeit des Heike monogatari.

Hier wird von einer ähnlichen Situation zwischen den Mönchen des Enryaku-ji und dem Aristokratenhof erzählt. Da ein Mitglied der Aristokratie einen Mönch bei einer Konfrontation getötet hat, gehen 30 hochrangige Mönche der Tendai-Schule nach Heian-kyō, um Rechenschaft durch den kaiserlichen Hof zu fordern. Anstelle, dass der Hof ihnen aber Gehör schenkt, werden sie von Wachen mit Pfeilen angegriffen, wodurch acht der Mönche getötet werden und die restlichen in die Flucht getrieben werden. Erzürnt über diese Missetaten wenden sich die Mönche des Enryaku-ji an die Schutzgötter des Berg Hiei. Dafür holen sie die mikoshi der sieben Schutzgötter in die Haupthalle und führen dort eine eintägige Rezitation von Sutren durch, worauf sie Hachiōji 八王子, eine der sieben Schutzgottheiten, bitten, den derzeitigen Fujiwara-Regenten mit einem Brummpfeil abzuschießen und damit zu verfluchen.

In der folgenden Nacht hat jemand in Heian-kyō einen Traum, dass vom Berg Hiei ein Brummpfeil in das Haus des Regenten geschossen wurde, und daraufhin wird der Regent schwer krank, was im Text der Macht des Hachiōji zugeschrieben wird. Die Mutter des Regenten verkleidet sich als Frau von niederem Stand, um zum Schrein von Hachiōji zu gehen und dort die Gottheit um Gnade für ihren Sohn zu bitten. Hierzu betet sie sieben Tage und Nächte lang in Stille, wobei sie drei geheime Versprechen an die Gottheit macht, die sie sonst niemandem verrät.

In der letzten der sieben Nächte fällt eine Schreinjungfrau (warawa miko 童神子), die auf Pilgerschaft zu dem Schrein gereist war, in Ohnmacht. Wenig später erwacht sie plötzlich wieder und beginnt zu tanzen. Nach einer halben Stunde beginnt sie dann besessen von der Schutzgottheit zu sprechen. In dieser Besessenheit zählt die Gottheit die drei Gelübde auf, die die Mutter des Regenten still gemacht hatte, und verkündet, dass die Gottheit den Regenten noch drei Jahre zu leben lassen würde, sofern die Mutter zumindest das letzte ihrer drei Gelübde einhalten würde, dass sie jeden Tag Rezitationen des Lotos-Sūtras am Schrein von Hachiōji durchführen lassen würde. Nach dieser Verkündung verlässt die Gottheit den Körper der Schreinjungfrau. Da die Mutter niemandem von ihren Gelöbnissen erzählt hatte, ist sie überzeugt, dass das Orakel wahrlich durch den Geist der Gottheit übertragen wurde, und lässt, wie versprochen, jeden Tag das Lotos-Sūtra rezitieren. Daraufhin wird der Regent zwar wieder gesund, doch wie angekündigt, verstirbt er nach drei Jahren dennoch frühzeitig.

Buch 2, Abschnitt 3

SNKBT 44:69-73

Verweise

Fußnoten

  1. Schneider 2000, S. 18-19
  2. Staemmler 2009, S. 22
  3. Staemmler 2009, S. 23
  4. die folgende Aufzählung folgt Staemmler 2009, S. 23-24
  5. zu dieser Zeit war es üblich, dass ein Tennō erst politisch aktiv wurde, sobald er sein Amt offiziell niedergelegt hat und in den Mönchsstand eingetreten ist
  6. Folgende Ausführungen zum Inhalt des Abschnitts folgen der kommentierten Ausgabe des Originaltextes (SNKBT 44, S. 51–56) und den Übersetzungen von Kitagawa Hiroshi (1975, S. 60–66) und Helen Craig McCullough (1988, S. 49–52).
  7. eine Sänfte, die als Sitz einer Kami-Gottheit zu Umzügen und Festivitäten verwendet wird

Literatur

Hiroshi Kitagawa (Ü.) 1975
The tale of the Heike. Tokyo: University of Tokyo Press 1975.
Roland Schneider 2000
„Pinsel, Schwert und Mönchsgewand: Das Heike monogatari als literarisches Werk.“ In: Franziska Ehmcke und Heinz-Dieter Reese (Hg.), Von Helden, Mönchen und Frauen: Die Welt des japanischen Heike-Epos. Köln: Böhlau 2000, S. 11-32.
Birgit Staemmler 2009
Chinkon kishin: Mediated spirit possession in Japanese new religions. Berlin, Münster: Lit 2009.