Exzerpt:Sakaguchi 2009: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 30. Januar 2012, 17:14 Uhr
坂口香代子
2009 野沢温泉の道祖神祭り・伝統ある火祭りを支える 現代版「三夜講」. CI:RAC 中部圏研究 169, 33 – 48.
Sakaguchi Kayoko
2009 „Nozawaonsen no dōsojinmatsuri. Dentou aru himatsuri o kaeru gendaihan ‚sanyankou’“. CI:RAC Chūbukenkenkyū 169, 33 – 48.
Zum Artikel
Der Artikel „Nozawaonsen no dōsojinmatsuri. Dentou aru himatsuri o kaeru gendaihan ‚sanyankou’“ (野沢温泉の道祖神祭り・伝統ある火祭りを支える現代版「三夜講」) von Sakaguchi Kayoko (坂口香代子) handelt von dem in Nozawaonsen abgehaltenen Fest zu Ehren der shintoistischen Gottheiten der Wege oder dōsojin (道祖神). Er wurde im Dezember 2009 in dem Journal CI:RAC Chūbukenkenkyū (CI:RAC 中部圏研究) Nummer 169 einer größeren Leserschaft zugänglich gemacht. CI:RAC steht dabei für das Chūbu Industrial and Regional Advancement Center (中部産業・地域活性化センター), das online auf der Homepage http://www.cirak.jp vertreten ist. Es wurde am 18. 11. 1987 mit dem Ziel gegründet, die Industrie und lokale Ökonomie der Chūbu-Region zu unterstützen, indem es die Forschungsergebnisse neuer oder bereits existierender Projekte der ansässigen Industrie einer breiteren Masse zugänglich macht. Dabei fördert es die Forschung in diesen Gebieten nicht nur, sondern führt sie selbst durch, unterstützt Projekte für Grüne Energieformen, fördert Symposien und vieles mehr (http://read.jst.go.jp). Sakaguchi Kayoko ist eines der Forschungsmitglieder des CI:RAC Chūbukenkenkyū.
Um dem Ziel des CI:RAC Chūbukenkenkyū gerecht zu werden, legt der Artikel besonderes Augenmerk auf die Präsentation des Gebietes, in dem das Festival der Wegegötter abgehalten wird, stellt die Vereine vor, die daran wesentlichen Anteil haben, beschreibt die Vorbereitungen und gibt Shimada Etsuo (島田悦夫), dem Stellvertreter der Nozawakai Stiftung der Nozawagumi (地縁団体野沢組・財団法人野沢会) die Möglichkeit, sich zu äußern.
Der Artikel gliedert sich dementsprechend in mehrere von einander abgegrenzte Gebiete:
1) Einführung und Darstellung des Ortes und der Handelnden (Seite 33 bis 39)
2) Vorbereitungen, Festival und Riten (Seite 39 bis 43)
3) Zeitungsspalte „コラム 野沢温泉とは“ (Seite 44)
4) Interview mit dem Stellvertreter der Nozawakai Stiftung der Nozawa-Gruppe (Seite 46 bis 48)
Das Interview nimmt dabei also die letzten drei Seiten ein, und gibt dem Interviewten die Möglichkeit, seine persönliche Meinung zu äußern. So ist Shimada Etsuo zum Beispiel der Ansicht, daß die Nozawagruppe seit der Meiji Zeit die Aufgabe hat, den Reichtum des Ortes zu wahren. Er beschäftigt sich weiters mit Fragen wie zum Beispiel, wie die Zukunft der Zusammenarbeit zwischen der Nozawagruppe und der offiziellen Verwaltung oder die Zukunft des verantwortlichen Triumvirats aussehen könnte. Er bekommt dabei aber auch die Möglichkeit, für sich und seine Leute zu werben. Was mir persönlich an dieser Stelle fehlt sind zwei oder drei Worte der Autorin zu den diversen Äußerungen von Shimada Etsuo.
Der Inhalt des Textes wird durch dreiunddreißig Bilder ergänzt, die sowohl die traditionellen Riten während des Festes als auch die Menschen von Nozawaonsen, den Ort selbst und seine Architektur im Detail abbilden. Von diesen zeigen sechs Bilder auch die Vorbereitungen für das Festival, zum Beispiel das Roden der Bäume und ihren Abtransport, der bis heute rein durch menschliche Kraft und nur mit Hilfe von Seilen und rollenden Baumstämmen von Statten geht.
Der Artikel ist populärwissenschaftlich verfaßt, was nicht nur durch das Fehlen von Fußnoten oder weiterführender Literatur offensichtlich wird sondern auch durch den zum Teil sehr angenehmen aber weniger wissenschaftlichen Ton des Textes selbst. So versucht Sakaguchi Kayoko ein genaues Bild der Atmosphäre zu schaffen, indem sie zum Beispiel schreibt: „夜空が赤々と染め上げられる壮大な火祭りが毎年開催される (Meine eigene Übersetzung: Wenn der Nachthimmel sich dunkelrot färbt, wird jedes Jahr das herrliche Feuerfest veranstaltet)“ (Sakaguchi 33).
Zum Inhalt
Der Ort Nozawaonsen (野沢温泉) ist durch die 1998 dort abgehaltenen Paraolympischen Winterspiele bekannt, aber auch durch seine unzähligen Thermalquellenhotels, dank denen Nozawaonsen zu einer Onsentouristikregion geworden ist und auf die sich wohl auch der Ortsname bezieht. Von den unzähligen Onsenbetrieben seien nur wenige aufgeführt: Akiba no yu (秋葉の湯), Nakao no yu (中尾の湯) oder Nitta no yu (新田の湯). Es ist zu erwähnen, daß nicht nur reiche Menschen sich den Besuch eines onsen leisten können, da es in Nozawaonsen auch kostenlose Onsengemeinschaftsbäder gibt. Das Ortsgebiet beträgt knappe 58 km², von denen aber über 80 Prozent Berge, Wälder und Grasflächen einnehmen, die zum Jōshinetsukōgen-Nationalpark (上信越高原国立公園) gehören.
Sakaguchi Kayoko erklärt die Huldigung der dōsojin kurz, indem sie schreibt, daß sie dem Volksglauben entspringt und für Fruchtbarkeit und reichen Kindersegen sorgen soll. Sie gibt dabei zwei Lesungen an: Den auch von mir verwendeten Begriff dōsojin ドウソジン und die wohl in früheren Zeiten häufiger verwendete Form sae no kami サエノカミ. Sie gibt weiters an, daß die Verehrung der dōsojin in ganz Japan immer noch praktiziert wird, vor allem aber in der Chūbu- und Kantō-Region. Die zum Teil aus Stein gefertigten dōsojin verhindern immerhin laut Volksglauben auch das Eindringen von Unglück (Sakaguchi 34).
Das Fest findet wahrscheinlich seit der Edo-Zeit jährlich zum Kleinen Neujahr am 15. Jänner statt und ist den Wegegöttern geweiht. Es befindet sich im Ortgebiet zumindest ein Dōsojinsteindenkmal, auf dem das Datum „Tenpō-Zeit, Jahr des Wildschweins“ (天保十巳亥年), also 1839 n. Chr. in westlicher Zeitrechnung, eingemeißelt ist, und auf das man sich in dieser Frage wohl bezieht.
Das Fest selbst gilt seit 1993 als religiös-volkstümliches Kulturgut.
Es wird dabei am 15. Jänner ein großes Feuer entzündet, mit dessen Flammen später die Fackeln der Teilnehmer entzündet werden. Es gibt um zwanzig Uhr auch ein großes Feuerwerk, das durch den Klang der Taiko, der großen Trommel, begleitet wird. Die Vorbereitungen beginnen allerdings schon zwei Tage zuvor, also am 13. Jänner, wenn das goshinbokuhiki (ご神木引き), der Transport der heiligen Hölzer aus den Wäldern, stattfindet. Bis in die späte Nacht des 14. Jänners wird aus diesem die so genannte Haupthalle des Schreins errichtet. Um die Mittagszeit des darauf folgendes Tages muß das Werk schließlich vollendet sein, damit um neunzehn Uhr die tatsächlichen Feierlichkeiten beginnen können. Die Leitung des Festivals hat ein Triumvirat aus drei circa gleichaltrigen Ansässigen inne, wobei es entscheidend ist, daß das Alter der Männer 42, 41 und 40 Jahre beträgt. Dies hängt mit dem japanischen Glauben an „Unglücksjahre“ zusammen, die bei Männern das Alter 25, 42 und 61 sind (und bei Frauen 19, 33 und 37). Es handelt sich also um gestandene Männer, die in ihrem Leben bereits etwas geleistet haben aber auch noch nicht „zu“ Alt für dieses ehrwürdige Amt sind.
Sakaguchi Kayoko gibt einen minutiösen Zeitplan des dōsojinmatsuri an und druckt auch den Text eines während des Festivals gesungenen Liedes ab. So sieht der Zeitplan zum Beispiel vor, daß das Eintreffen der später entzündeten Fackeln genau eine Stunde vor dem Eintreffen des Feuers selbst (20 Uhr 30) stattfinden muß oder daß Kinder und die Mitglieder der Nozawagumi zwanzig Minuten vor allen anderen Erwachsenen (20 Uhr 50) ihre Fackeln entzünden dürfen.
Die Autorin erwähnt weiters, daß dieses Fest eine Tradtition ist, die auch der „Heimatliebe“ (郷士愛) dient und daß es in einem Schneegebiet wie diesem früher von größter Wichtigkeit war, daß die Menschen einer Region oder zumindest eines Ortes zusammenarbeiteten (Sakeguchi 35). Sie mißt dem Festival also weit mehr Bedeutung zu als nur einem religiösen Kult oder einem abgehaltenen Vergnügen, um Touristen anzulocken.
Meine These betreffend des Textes
Der dem Artikel zugrunde liegende Gedanke mag der sein, daß eine sich ständig im Aufschwung befindende Industrie nur durch den Zusammenhalt aller Akteure und damit durch ein starkes Zusammengehörigkeitsgefühl ermöglicht werden kann. Da es für die meisten Menschen kein bedeutenderes Verbindungsmerkmal als eine mit anderen Menschen geteilte Religion gibt, sieht Sakaguchi Kayoko wohl in den „von Alters her“ ausgeübten Traditionen eine Chance, dieses Zusammengehörigkeitsgefühl und damit in langer Sicht den industriellen Aufschwung zu gewährleisten.