Phalluskult: Unterschied zwischen den Versionen

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Der japanische Phalluskult, '''''inkeisūhai''''' 陰茎崇拝, existiert in Japan seit der prähistorischen Zeit und die Phalli haben deswegen viele unterschiedliche Entwicklungen durchgemacht. Es gibt aber auch an verschiedenen Orten verschiedene Ausprägungen. Deswegen läßt sich generell sagen, dass diese Kultgegenstände in '''mannigfaltiger Form''' und aus '''unterschiedlichsten Materialien''' bestehend existieren.
  
Prähistorische Phallusgegenstände oder '''''sekibo''''' '''石棒''' (ältere Bezeichungen sind ''raitsui'' 雷鎚 oder ''raichin'' 雷碪) lassen sich bereits Mitte der ''Jomon''-Zeit (ca. 3600 v. Chr. Bis 2500 v. Chr.) in Japan finden und bekamen im Laufe der Zeit verschiedene Funktionen zugewiesen, wie etwa das Verleihen von Fruchtbarkeit oder das Stiften einer Ehe. Ihr Kult verschmolz aber auch mit der Verehrung der ''dōsojin'' (Quejada 1998: 1-4). Die Bedeutung der ''sekibo'' hing dabei jeweils von der „Kultur“ ab, in der sie hergestellt wurden. In der Yamanashi Präfektur wurden sie zum Beispiel als Grabsteine verwendet (Quejada 1998: 14).
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Trotz der mannigfaltigen Darstellungsformen und Materialien lassen sich alle Kultphalli aber in eine von '''zwei Gruppen''' einordnen: In die durch Umwelteinflüsse '''natürlich entstandenen''' und die '''von Menschenhand geschaffenen''' Phalli. Quejada geht davon aus, dass jede eine eigene Funktion hat, nämlich die Befriedigung '''spezieller menschlicher Bedürfnisse''' (Fruchtbarkeit, leichte Niederkunft, etc.) in der ersten und '''landwirtschaftliche Bedürfnisse''' (gute Ernte, etc.) in der zweiten (Quejada 1998: 83f).
  
Es gibt '''verschiedene Arten''' der ''sekibo'', z.B. ''sekibo'' mit einer Eichel an jedem Ende oder ''sekibo'' ohne jegliche Eichel (Quejada 1998: 6). Deswegen gibt es auch '''verschiedene Deutungsversuche''', wie etwa, daß die ''sekibo'' '''Waffen''' waren (Quejada 1998: 16), daß sie zum '''Dreschen von Korn''' eingesetzt wurden (Quejada 1998: 23), oder daß sie als '''Symbole''' für unverständliche Naturvorgänge dienten (Quejada 1998: 18). Hierbei ist von Bedeutung, daß nicht der Phallus an sich verehrt wurde, sondern das, was er repäsentierte: die '''Natur''' (Quejada 1998: 19).
 
  
Es mag von Bedeutung sein, daß die ''sekibo'' zuerst in einer Zeit auftraten, in der die Bevölkerung Japans '''seßhaft''' wurde, und das Leben als Jäger und Sammler zugunsten eines Lebens als Bauer aufgegeben wurde (Quejada 1998: 7).  
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Die ältesten Phallusgegenstände sind die sogenannten Steinstäbe, '''''sekibō''''' 石棒 (ältere Bezeichungen sind ''raitsui'' 雷鎚 oder ''raichin'' 雷碪), die bereits Mitte der '''Jōmon-Zeit''' 縄文時代 (ca. 3600 v. Chr. bis 2500 v. Chr.) existierten (Quejada 1998: 1-4). Die ältesten phallischen Artefakte aus Ibaraki sollen laut einer C14-Untersuchung sogar aus der Zeit um 5000 v. Chr. stammen (Czaja 1974: 164).
  
Es gibt eine Besonderheit in der Funktionalität der Phalli: Jene Kultusobjekte, die '''ohne das Zutun des Menschen''' entstanden sind, dienen speziellen menschlichen Bedürfnissen (wie etwa Fruchtbarkeit, leichte Niederkunft, etc.), während '''künstlich''' erschaffene Phalli landwirtschaftlichen Bedürfnissen dienen (Quejada 1998: 83f). 
 
  
Die Phallussymbolik findet sich auch in den beiden ältesten uns erhaltenen japanischen Textsammlungen, dem '''''Kojiki''''' (712 n. Chr.) und dem '''''Nihongi''''' (720 n. Chr.), da Forscher den '''Himmelsspeer''', mit dem das Götterpaar Izanami und Izanagi die erste Insel erschaffen haben sollen, als Phallus deuten (Quejada 1998: 7). Auch der '''Stein''', mit dem sich Izanagi vor der Verfolgung seiner verstorbenen Frau in der Unterwelt schützt, kann als Phallussymbol gedeutet werden Quejada 1998: 28).
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Die Phalli können aus den unterschiedlichsten Materialien hergestellt werden, aber die meisten bestehen wohl aus '''Stein''' und '''Holz.''' Während vieler matsuri gibt es aber auch Phalli aus '''Pappmache''' oder aus '''Stroh''' zu bestaunen, wobei letztere am Ende des Festivals verbrannt werden (Bornoff 1991: 146f).
  
Auch die '''''dōsojin'' 道祖神''' können in der gleichen Funktion auftreten. Sie werden als '''''kami''''' verehrt und an Straßen aufgestellt, um den '''Reisenden Schutz zu gewähren''', aber auch, um das '''Böse daran zu hindern, in Orte einzudringen''' (Quejada 1998: 31f).  
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In Kawasaki wird ein Phallus aus '''Metall''' verehrt, der dem Kanamara-sama-''jinja'' seinen Namen verleiht und dem zu Ehren das ''jibeta''-Festival gefeiert wird (Bornoff 1991: 138).
  
An dieser Stelle sei erwähnt, daß die Mythen dem Herrscherhaus dazu dienten, seine „göttliche“ '''Herkunft''' und seinen '''Machtanspruch zu legitimieren''' Quejada 1998: 39).
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In der Volkskunst finden sich verschiedene phallische Darstellungen aus gebranntem '''Lehm''', die auf unterschiedliche Weise auch im Alltag genutzt werden. Darunter gibt es auch Phalli, die vermenschlicht in zeremonieller Robe sitzend dargestellt werden, und die bunt bemalt sind (Buckley 1895: 15).
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In früheren Zeiten wurden phallische Gegenstände auch aus besonders wertvollen Materialien hergestellt. So lassen sich zum Beispiel Grabbeigaben aus '''Bergkristall, Jaspis, Achat''' oder '''Obsidian''' finden (Gassner 1993: 127).
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So unterschiedlich wie die Materialien so verschieden können auch die Formen sein. Das Kultusobjekt des Tagata-''jinja'' ist etwa sehr realistisch gestaltet, aber es kann sich auch nur um Felsen mit einer '''Inschrift''' handeln, bei denen zum Beispiel ein längliches Radikal so geschrieben wird, dass es an das männliche Sexualorgan erinnert (Czaja 1974: 130/Abb. 7-8).
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Besonders bei den Wegegöttern, '''''dōsojin''''' 道祖神, sind die unterschiedlichen Entwicklungsstufen der Göttergestalten ersichtlich. Nach dem Eingreifen der '''Behörden''', die bereits seit 1841 versuchen, die phallischen Symbole zumindest aus dem alltäglichen Bild zu vertreiben (Gassner 1993: 119), hatten großen Einfluß auf ihre Gestaltung. Von '''nackten kopulierenden''' Figuren ging man auf die Darstellung von '''angezogenen''' Figuren über, die erst noch ihre Hände auf die Geschlechtsorgane der jeweils anderen Figur legen (Czaja 1974: 38). Es gibt ''dōsojin'' deren '''Ärmel''' der weiblichen Scham und deren '''Kopfbedeckungen''' dem Phallus gleichen. Man ging auch dazu über, Sexualität durch die '''Attribute''' der dargestellten Figuren darzustellen, indem sich die beiden Götter zum Beispiel gegenseitig Sake einschenken (Richie 1967: 54). Manche Künstler und ihre Auftraggeber lassen sich aber trotz den Verboten nicht von expliziten Darstellungen abhalten.
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Die Phallussymbolik findet sich schon in den beiden ältesten uns erhaltenen japanischen Textsammlungen, dem '''''Kojiki''''' (712 n. Chr.) und dem '''''Nihongi''''' (720 n. Chr.), da Forscher den '''Himmelsspeer''', mit dem das Götterpaar Izanami und Izanagi die erste Insel erschaffen haben sollen, als Phallus deuten (Quejada 1998: 7). Auch der '''Stein''', mit dem sich Izanagi vor der Verfolgung seiner verstorbenen Frau in der Unterwelt schützt, kann als Phallussymbol gedeutet werden Quejada 1998: 28).
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An dieser Stelle sei erwähnt, dass die Mythen dem Herrscherhaus dazu dienten, seine „göttliche“ '''Herkunft''' und seinen '''Machtanspruch zu legitimieren''' Quejada 1998: 39).
  
 
Die Bedeutung des Phallus im Zusammenhang mit Landwirtschaft ist zuerst im '''''Kogoshui''''' (807 n. Chr.) schriftlich festgehalten, als dem Mythos nach der Gott der Reisernte '''''Mitoshi no kami''''' die von ihm gesandte Heuschreckenplage erst nach verschiedenen '''Opfergaben''', unter denen sich ein Phallussymbol befinden sollte, beendete (Quejada 1998: 29f).  
 
Die Bedeutung des Phallus im Zusammenhang mit Landwirtschaft ist zuerst im '''''Kogoshui''''' (807 n. Chr.) schriftlich festgehalten, als dem Mythos nach der Gott der Reisernte '''''Mitoshi no kami''''' die von ihm gesandte Heuschreckenplage erst nach verschiedenen '''Opfergaben''', unter denen sich ein Phallussymbol befinden sollte, beendete (Quejada 1998: 29f).  

Version vom 11. März 2012, 23:42 Uhr

Der japanische Phalluskult, inkeisūhai 陰茎崇拝, existiert in Japan seit der prähistorischen Zeit und die Phalli haben deswegen viele unterschiedliche Entwicklungen durchgemacht. Es gibt aber auch an verschiedenen Orten verschiedene Ausprägungen. Deswegen läßt sich generell sagen, dass diese Kultgegenstände in mannigfaltiger Form und aus unterschiedlichsten Materialien bestehend existieren.

Trotz der mannigfaltigen Darstellungsformen und Materialien lassen sich alle Kultphalli aber in eine von zwei Gruppen einordnen: In die durch Umwelteinflüsse natürlich entstandenen und die von Menschenhand geschaffenen Phalli. Quejada geht davon aus, dass jede eine eigene Funktion hat, nämlich die Befriedigung spezieller menschlicher Bedürfnisse (Fruchtbarkeit, leichte Niederkunft, etc.) in der ersten und landwirtschaftliche Bedürfnisse (gute Ernte, etc.) in der zweiten (Quejada 1998: 83f).


Die ältesten Phallusgegenstände sind die sogenannten Steinstäbe, sekibō 石棒 (ältere Bezeichungen sind raitsui 雷鎚 oder raichin 雷碪), die bereits Mitte der Jōmon-Zeit 縄文時代 (ca. 3600 v. Chr. bis 2500 v. Chr.) existierten (Quejada 1998: 1-4). Die ältesten phallischen Artefakte aus Ibaraki sollen laut einer C14-Untersuchung sogar aus der Zeit um 5000 v. Chr. stammen (Czaja 1974: 164).


Die Phalli können aus den unterschiedlichsten Materialien hergestellt werden, aber die meisten bestehen wohl aus Stein und Holz. Während vieler matsuri gibt es aber auch Phalli aus Pappmache oder aus Stroh zu bestaunen, wobei letztere am Ende des Festivals verbrannt werden (Bornoff 1991: 146f).

In Kawasaki wird ein Phallus aus Metall verehrt, der dem Kanamara-sama-jinja seinen Namen verleiht und dem zu Ehren das jibeta-Festival gefeiert wird (Bornoff 1991: 138).

In der Volkskunst finden sich verschiedene phallische Darstellungen aus gebranntem Lehm, die auf unterschiedliche Weise auch im Alltag genutzt werden. Darunter gibt es auch Phalli, die vermenschlicht in zeremonieller Robe sitzend dargestellt werden, und die bunt bemalt sind (Buckley 1895: 15).

In früheren Zeiten wurden phallische Gegenstände auch aus besonders wertvollen Materialien hergestellt. So lassen sich zum Beispiel Grabbeigaben aus Bergkristall, Jaspis, Achat oder Obsidian finden (Gassner 1993: 127).


So unterschiedlich wie die Materialien so verschieden können auch die Formen sein. Das Kultusobjekt des Tagata-jinja ist etwa sehr realistisch gestaltet, aber es kann sich auch nur um Felsen mit einer Inschrift handeln, bei denen zum Beispiel ein längliches Radikal so geschrieben wird, dass es an das männliche Sexualorgan erinnert (Czaja 1974: 130/Abb. 7-8).

Besonders bei den Wegegöttern, dōsojin 道祖神, sind die unterschiedlichen Entwicklungsstufen der Göttergestalten ersichtlich. Nach dem Eingreifen der Behörden, die bereits seit 1841 versuchen, die phallischen Symbole zumindest aus dem alltäglichen Bild zu vertreiben (Gassner 1993: 119), hatten großen Einfluß auf ihre Gestaltung. Von nackten kopulierenden Figuren ging man auf die Darstellung von angezogenen Figuren über, die erst noch ihre Hände auf die Geschlechtsorgane der jeweils anderen Figur legen (Czaja 1974: 38). Es gibt dōsojin deren Ärmel der weiblichen Scham und deren Kopfbedeckungen dem Phallus gleichen. Man ging auch dazu über, Sexualität durch die Attribute der dargestellten Figuren darzustellen, indem sich die beiden Götter zum Beispiel gegenseitig Sake einschenken (Richie 1967: 54). Manche Künstler und ihre Auftraggeber lassen sich aber trotz den Verboten nicht von expliziten Darstellungen abhalten.


Die Phallussymbolik findet sich schon in den beiden ältesten uns erhaltenen japanischen Textsammlungen, dem Kojiki (712 n. Chr.) und dem Nihongi (720 n. Chr.), da Forscher den Himmelsspeer, mit dem das Götterpaar Izanami und Izanagi die erste Insel erschaffen haben sollen, als Phallus deuten (Quejada 1998: 7). Auch der Stein, mit dem sich Izanagi vor der Verfolgung seiner verstorbenen Frau in der Unterwelt schützt, kann als Phallussymbol gedeutet werden Quejada 1998: 28).

An dieser Stelle sei erwähnt, dass die Mythen dem Herrscherhaus dazu dienten, seine „göttliche“ Herkunft und seinen Machtanspruch zu legitimieren Quejada 1998: 39).

Die Bedeutung des Phallus im Zusammenhang mit Landwirtschaft ist zuerst im Kogoshui (807 n. Chr.) schriftlich festgehalten, als dem Mythos nach der Gott der Reisernte Mitoshi no kami die von ihm gesandte Heuschreckenplage erst nach verschiedenen Opfergaben, unter denen sich ein Phallussymbol befinden sollte, beendete (Quejada 1998: 29f).

Bilder Teil 1

Weiterführendes

Literatur

Ellen Quejada 1998
Phallic whorship in Japan: Celebrating the phallus. Ann Arbor: UMI 1998. (UMI Kopie einer unveröffentlichten Magisterarbeit, Exzerpt.)


Bilder Teil 2