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Aktuelle Version vom 19. Oktober 2021, 12:13 Uhr

Seiten-Infobox
Themengruppe Exzerpte
Behandeltes Werk
Masahide Okao 1999
„Tenrikyō ga hassei shita jōken.“ Nenpō ningen kagaku 20–2 (1999), S. 475–490. (Exzerpt.)

Autor

Okao Masahide 岡尾将秀 ist ein japanischer Soziologe der sich mit der Neureligion Tenrikyō befasst.

Exzerpt des Inhalts

In seinem Artikel beschreibt der Autor die Umstände, unter welchen Nakayama Miki 中山みき die Neureligion Tenrikyō gegründet und ihre wichtigsten Schriften und zur Doktrine der Religion erstellt hat. Besonderes Augenmerk legt er dabei auf das Zusammenspiel der politischen und sozialen Situation in der Bakumatsu-Periode und den Beziehungen zwischen den Menschen in Mikis Leben und Wirken. Dafür untersucht er Mikis Autobiographische Werke, das Ofudesaki und Mikagurauta, welche zwei der wichtigsten Lehrschriften der Tenrikyō sind.

Politische und soziale Situation

Zu Beginn des Artikels geht der Autor auf die politische und soziale Situation während der Bakumatsu-Periode ein. Es war eine Zeit in der es große Veränderungen gab und die den Aufstieg vieler Neureligionen begünstigte. Durch die sozialen Veränderungen gerieten viele Familien, wie auch die Nakayamas, in einen sozialen Notstand und die Veränderungen des rigiden wirtschaftlichen Systems und Feudalismus war auch stark im privaten Leben zu spüren. Das machte die Menschen offen für neue Ideen und die Kritik am Shogunat und den etablierten Tempeln und Schreinen wuchs. (Okao 1999, S.477) In ihren Schriften, kann man erkennen, dass Miki den Veränderungen ursprünglich hoffnungsvoll entgegensah. Doch als mit der neuen Regierung die Verfolgung und Unterdrückung der Neuen Religionen zunahm, kritisierte sie diese explizit. (Okao 1999, S.477-478)

Mikis Offenbarung

Während einer Zeremonie, die die chronische Krankheit ihres Sohnes heilen sollte, wurde Miki von dem "ursprünglichen" Gott besessen, der sie als lebendigen Schrein auserwählt hatte, um durch sie die Menschheit zu erlösen. Dieser Wunsch wurde von Mikis Mann und der Familie Nakayama nicht begrüßt, da sie schon mit ihren häuslichen Pflichten eine Aufgabe hatte. (Okao 1999, S.477) Bereits vor der Offenbarung waren die Veränderungen dieser Zeit auch in der Nakayama Familie spürbar. Durch die Krankheit des Sohnes und einzigen Erbens hatte die Familie viel Geld verloren und auch das Interesse Mikis Mannes an einem Hausmädchen lässt erkennen, wie instabil die Familienverhältnisse waren. Daran ist leicht erkennbar, wieso das Grundprinzip der Tenrikyō, die Hoffnung auf Erlösung, auch im Kontext zur Mikis Familie steht. (Okao 1999, S.478-479)

Weg der Erlösung

Zu der Zeit in der Miki lebte, war Hexerei noch eine gängige Methode um Krankheit und andere Sorgen zu bekämpfen. Zu Beginn der Bewegung Mikis war vor allem die Heilung durch den Glauben von größter Bedeutung. Durch ihre Taten als Heilerin entstanden viele Gerüchte über Miki und bald wurde sie als Gottheit in Menschengestalt bekannt und das Haus der Familie Nakayama von vielen Familien in Nöten besucht. (Okao 1999, S.478-479) Man kann ab etwa 1864 von einer kleiner Gemeinschaft von Gläubigen sprechen, die durch Miki geheilt wurden und sie regelmäßig aufsuchten. Jedoch bestand zu dieser Zeit noch keine festgeschriebene Lehre wie es sie heute gibt. (Okao 1999, S.480) Es waren vor allem Menschen, die durch Mikis Taten geheilt wurden, die ihre Aussagen und ersten Botschaften verbreiteten. Die Familien vieler Anhänger sahen sich ähnlichen Herausforderungen wie die Mikis gegenüber und erwarteten sich von der neuen Gottheit eine positive Veränderung in ihrem Leben und der Gesellschaft. (Okao 1999, S.480) Besonders die treuen Anhänger waren unerlässlich dafür, das Miki ihr Schaffen fortsetzen konnte. Inzwischen hatten die Nakayamas fast ihr ganzes Hab und Gut verloren. Menschen, die die Gnade von Mikis Gottheit erfahren hatten, beschlossen der Familie immer wieder Güter wie Lebensmittel zu spenden und konnten sie so unterstützen. Die ärmsten Anhänger indes, boten Miki ihre Arbeitskraft an. (Okao 1999, S.480) Allmählich kreierte sie daher auch die ersten Riten für ihre gläubigen Anhänger. Sie entwarf etwa den Gottesdienst tsutome つとめ, an dem immer mehr Anhänger Zwecks ihrer Erlösung teilnahmen. Durch die Unterstützung ihrer Anhänger, konnte schließlich sogar ein eigenes Gebetshaus für den Gottesdienst gebaut werden. (Okao 1999, S.481) Nach dem Bau entwickelte Miki das Mikagurauta, ein Gebetstanz der von Musik und Gesang begleitet den Willen Gottes den Anhängern näher bringen soll. Dadurch sollen sie für ihre Erlösung Kraft in der Musik und dem Tanz gewinnen. Angeblich soll Miki alles selbst choreographiert und erfunden haben, doch es gibt auch die Meinung, dass sie stark von den Aktionen ihrer Anhänger dazu inspiriert wurde. (Okao 1999, S.481)

Ausdruck der Erlösung

Um die Leute denen sie geholfen hatte den Glauben an ihren Gott näher zu bringen und gegen Kritiker ankämpfen zu können, musste Miki ihre Lehren zur Erlösung und den Willen ihres Gottes explizit darstellen. In ihrem Werk "Ofudesaki" beschreibt Miki, dass ihr Sohn auch durch ihre eigenen Riten nicht geheilt werden konnte, trotzdem musste sie ihre Anhänger von den Kräften ihres Gottes überzeugen. Es wird aber auch beschrieben, dass gerade das Leid innerhalb ihrer eigenen Familie sie dazu antrieb anderen zu heilen und dass es daher ein notwendiges Opfer war. (Okao 1999, S.482) Laut Miki offenbarte ihr Gott, dass er die Menschheit vom Grundstück der Nakayama Familie aus erschaffen hatte und als elterlicher Gott es sein größter Wunsch war, seine Kinder zu retten. Daher stand auch die Geburtshilfe im Zentrum Mikis heilender Taten. (Okao 1999, S.482) Es gab aber auch Widerstand gegen Mikis Ideen und Taten, etwa von Menschen, die selbst die Heilung durch Miki nicht erlebt hatten. Auch konkurrierende Religionsgemeinschaften stellten sich Miki und ihren Anhängern in den Weg. Doch dieser Widerstand ließ sie sich noch stärker auf das Grundprinzip der Erlösung durch ihren Gott berufen. (Okao 1999, S.484) Trotz der Verfolgung durch die Meiji-Regierung blieben viele Gläubige Miki treu. Doch es machte sich zur selben Zeit Widerstand in Mikis eigener Familie breit, die es Leid war, für den Gott sie viel zu Opfer und drängte darauf sich an das System anzupassen. (Okao 1999, S.484) Der Wunsch nach einem normalen Leben widersprach dem Wunsch Mikis Gottheit nach der Erlösung der Menschheit. Um ihre Lehren zu stärken, verankerte sie die Idee der Erlösung fest im "Ofudesaki". Um ihre Lehren und Erfahrung für möglichst viele Leute zugänglich zu machen beschreibt darin sehr ausführlich und detailiert die Entstehungsgeschichte der Menschheit und beschreibt explizit , dass es Gottes größter Wunsch ist, alle Menschen, unabhängig ihres sozialen Status zu erlösen.(Okao 1999, S.484)

Schlussfolgerung

Von der Offenbarung bis zum expliziten Niederschreiben ihrer Lehren war es für Miki ein langer Prozess. Konfrontiert mit dem Leid in ihrer eigenen Familie, widmete sie sich der Erlösung anderer Menschen während einer Zeit, in der das ganze gesellschaftliche System im Wandel war. In ihren Taten stieß aber immer wieder auf Widerstand. Nicht nur die etablierten Religionen und das neue System, auch Mikis Familie stand ihren Taten oft kritisch gegenüber. Es kann aber angenommen werden, dass sich Miki gerade durch diesen Widerstand dazu gedrängt fühlte, ihre Gegner überzeugen zu müssen und ihre Lehren genau auszuformulieren, wodurch die wichtigsten Schriften der Tenrikyō entstanden sind. Diese Schriften sind auch geprägt von Mikis Anhängern und drücken den Wunsch der Menschen dieser Zeit nach einem besseren Leben und positiven Veränderungen aus. Auch ihr Wirken war für die Entwicklung Mikis Neureligion von größter Bedeutung. (Okao 1999, S.485)