Yasukuni: Der Schrein des ‚friedlichen Landes‘

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Yasukuni Der Schrein des ‚friedlichen Landes‘

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Auf dem Kudan-Hügel in Tōkyō erhebt sich ein großes torii [torii (jap.) 鳥居 Torii, Schreintor; wtl. „Vogelsitz“; s. dazu Torii: Markenzeichen der kami] aus Bronze. Dahinter sieht man einen präch·tigen Schrein. Das ist der Yasukuni Schrein. Im Yasukuni Schrein werden viele loyale Menschen verehrt, die ihr Leben für unseren Kaiser (kimi) und unser Land hingegeben haben. [...] Es war der Wille seiner Majestät des Kaisers (tennō heika), dass Menschen, die ihr Leben für Kaiser und Vaterland hingegeben haben, eingeschreint und in Festen gefeiert werden. [...] Während wir dankbar der Gnade gedenken, die seine Majestät der Kaiser uns gewährt, wollen wir dem Beispiel der Loyalität all jener folgen, die hier eingeschreint sind, und uns ganz dem Dienst für Kaiser und Vaterland hingeben.

Textpassage zum Thema „Yasukuni Jinja“ aus Grundlagen des Ethikunterrichts, 1942.1

Vorlage:Sidebox3

Yukiko hat heute mit einer Freundin wieder den Yasukuni Schrein in Kudan besucht. Auf dem Rückweg denkt sie voll inniger Dankbarkeit an die Heldenseelen, die das Land beschützen, und an den großen Sieg der kaiserlichen Truppen, während die Strahlen der Frühlingssonne auf dem Weg vor den beiden Mädchen glitzern.

Postkarte aus der Zwischenkriegszeit

Diese Zitate stammen aus den Jahren vor und während des Zweiten Weltkriegs. Sie ver·deut·lichen, wie damals sowohl im so·genann·ten Ethik·unterricht (shūshin [shūshin (jap.) 修身 Moral- bzw. Ethikunterricht im ehemaligen jap. Schulsystem]) der Grund·schule als auch im populären Diskurs ein Geist der patriotischen Selbst·auf·opferung gepredigt wurde, der in der heutigen japanischen Gesellschaft natürlich nicht mehr aktuell ist. Der hier angesprochene Yasukuni Schrein [Yasukuni Jinja (jap.) 靖国神社 Yasukuni Schrein, Tōkyō; Schrein zum Gedenken an Kriegsgefallene] existiert allerdings noch immer. Er ist trotz seines pazifis·tischen Namens — „Schrein des fried·lichen Landes“ oder freier: „Schrein zur Er·haltung des Friedens im Land“ — das be·kannteste Krieger·denkmal Japans und hat den übersteigerten Tennō [Tennō (jap.) 天皇 jap. „Kaiser“-Titel, wtl. Herrscher des Himmels]-Kult, der zum ideologischen Motor der Kriegszeit wurde, nie in Frage gestellt. Der Yasukuni Schrein ist daher für fast alle Japaner ein Symbol·ort des japanischen Natio·nalis·mus und der Tennō-Verehrung, und zwar gleicher·maßen für seine Befür·worter und seine Gegner.2

Die Yasukuni Problematik

Der Yasukuni Schrein wurde 1869, also un·mittel·bar nach der Meiji [Meiji (jap.) 明治 posthumer Name von Kaiser Mutsuhito; nach ihm wird auch die Meiji-Zeit (1868–1912) benannt]-Restauration, unter der Bezeichnung Tōkyō Shōkon-sha [Shōkon-sha (jap.) 招魂社 wtl. „Schrein zur Herbeirufung der [Helden]seelen“; Schrein zum Gedenken an gefallene Sodaten, ab der Meiji-Zeit in Gebrauch; berühmtester Vertreter ist der Yasukuni Jinja in Tōkyō] („Schrein zur Her·bei·rufung der [Helden]seelen“) ge·gründet. Seine heutige Anlage und seinen heutigen Namen, Yasukuni, erhielt er 1879. Er wurde in unmit·tel·barer Nähe des Kaiser·palastes in Tōkyō errichtet. Seine be·sondere Nähe zum Tennō wird außerdem durch das kaise·rliche Chrysan·themen-Wappen symbo·lisiert, das auch heute noch auf den Tüchern über dem Ein·gang zum Schrein und an vielen anderen Stellen zu sehen ist.

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1 Das monumentale torii des Yasukuni Schreins
Monumentales torii im shinmei-Stil am Eingang der Schreinanlage des Yasukuni Jinja. Zur Zeit seiner Errichtung (1921) das größte torii Japans; 1943 zur Kriegsmaterialgewinnung eingeschmolzen; 1974 neu errichtet. Mit 25m Höhe nach wie vor das größte torii Japans.
20. Jh. Bernhard Scheid, flickr, 2012.
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Ein Löwenhund (komainu) am Eingang des Yasukuni Schreins, stilistisch den sog. Chinesischen Löwen des Tōdaiji in Nara nachempfunden (siehe Sidepage Komainu), allerdings noch triumphaler gestaltet. Die Statue wurde von der Industriellenfamilie Katakura gestiftet und stammt aus der Zeit, als der Schrein unter dem Architekten Itō Chūta (1867–1954) erweitert wurde.
Werk von Itō Chūta (Entwurf). 1933. Bernhard Scheid, flickr, 2012.
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Ōmura Masujirō (1824–1869) gilt als der Architekt des japanischen Militärwesens nach westlichem Muster, fiel aber in den politischen Wirren der frühen Meiji-Zeit einem Attentat zum Opfer. Der Yasukuni Schrein ist laut Angaben des Schreins ebenfalls sein Geisteskind. Die 1893 zu seinen Ehren im Yasukuni Schrein errichtete Statue ist das erste in westlichem Stil gestaltete Monument Japans. Der Bildhauer absolvierte eigens ein Auslandsstudium in mehreren europäischen Ländern, um sie anfertigen zu können.
Werk von Ōkuma Ujihiro (1856–1934). Meiji-Zeit, 1893. Bernhard Scheid, flickr, 2012.
Triumphale Monumente ...
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Die Hauptgebäude des Yasukuni Schreins durch das Tor zur inneren Anlage (shinmon) betrachtet. An den geöffneten Türflügeln ist undeutlich das kaiserliche Chrysanthemenwappen erkennbar, das sich auch auf den Tüchern am Eingang der Gebetshalle wiederfindet.
Werk von Itō Chūta. 1934. Bernhard Scheid, flickr, 2012.
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Die Gebetshalle (haiden) des Yasukuni Schreins. Dahinter befindet sich, den Blicken der Öffentlichkeit entzogen die eigentliche Haupthalle (honden) sowie ein weiterer Schrein, in dem die Listen der gefallenen, im Schrein verehrten Helden aufbewahrt sind.
20. Jh. Bernhard Scheid, flickr, 2012.
... rund um einen äußerlich ganz normalen Schrein.

Der Schrein be·her·bergte von Anfang an keine all·gemein be·kannte Gottheit, sondern sollte die „Helden·seelen“ (eirei [eirei (jap.) 英霊 „Heldenseele“; bezeichnet v.a. die im Yasukuni Schrein verehrten Kriegshelden]) der·jeni·gen ehren, die vor 1868 für die Res·taura·tion der Tennō-Herr·schaft ihr Leben ge·lassen hatten. Später wurden dann die Seelen der für den Tennō ge·fallenen Soldaten, an·ge·fangen vom ersten chine·sisch-japani·schen Krieg bis zum Zweiten Welt·krieg, zu kami [kami (jap.) Gottheit; im engeren Sinne einheimische oder lokale japanische Gottheit, Schreingottheit (s. jinja), Gottheit des Shintō] des Yasukuni Schreins er·hoben. Aus dieser Zeit stammen die Zitate am Anfang dieser Seite. Sie verdeutlichen die zentrale Rolle, die dem Schrein zukam, um eine Ideo·logie der Opfer·bereit·schaft zu verbreiten, in der die rituelle Feier der Gefallenen durch den Tennō zur höchsten Form der Ehre stilisiert wurde. Wie die obige Postkarte aus der Zwischen·kriegs·zeit verdeut·licht, sollte diese patrio·tische Botschaft des Schreins jeder·mann (und vor allem auch jeder Frau) zugänglich gemacht werden, nicht nur Soldaten oder ihren An·ge·hörigen. Zugleich war der Schrein von Anfang an auch als Ver·anstal·tungs·ort volkstümlicher Events wie Pferde·rennen, Theater und Zirkusse konzipiert.3

Die gesetzliche Trennung von Religion und Staat

Die von den Amerikanern maßgeblich beeinflusste japanische Nach·kriegs·ver·fassung sieht eine besonders strikte Trennung von Religion und Staat vor, mit dem expli·ziten Ziel, die Ver·flechtung von Religion und Nationa·lismus, wie sie u.a. im Yasukuni Schrein gegeben war, zu unter·binden. Der Schrein, der bis 1945 dem Militär unterstand, wurde nach Kriegsende in eine unabhängige Religions·ge·mein·schaft umgewandelt, ähnlich einer ge·wöhn·lichen shintōistischen Institution, und darf in dieser Form keine öffentlichen Gelder erhalten.

Allerdings be·her·bergt das Schrein·ge·lände nach wie vor ein heeres·ge·schicht·liches Museum, vor·nehmlich mit Exponaten aus dem Zweiten Welt·krieg, in dem die japanische Eroberungs·politik sehr professionell, aber aus einem sehr einseitig-japanischen Blick·punkt dargestellt wird, ohne auf die Schatten·seiten des Krieges einzugehen. Wirtschaft·lich wird das Museum ebenso wie andere Schrein·aktivitäten von „unabhängigen Sponsoren“ unter·stützt, meist private Vereine, denen jedoch namhafte Vertreter des öffent·lichen Lebens und der Politik vorstehen.

Die Liberal-Demokra·tische Partei, die die poli·tische Land·schaft Japans seit dem Zweiten Welt·krieg fast durch·gehend geprägt hat, unter·nimmt regel·mäßige Versuche, einen Gesetzes·antrag im Parlament durch·zu·bringen, der den Yasukuni Schrein als nicht-religiöse Institution ein·stuft, um ihn auf diese Weise wieder in den Genuss staat·licher Unter·stützun·gen zu bringen. Auch eine Revision der Verfassung und der darin fest·ge·schrie·benen pazifistischen Grund·sätze wird immer wieder in Angriff genommen. Die nötige Zweidrittel-Mehrheit für eine der·artige Ver·fassungs·ände·rung kam jedoch bisher nie zustande. Hin·gegen wurde die Frage, ob der Besuch eines Politikers in offizieller Funktion im Yasukuni Schrein ver·fas·sungs·konform sei oder nicht, bereits mehr·mals vom Obersten Gerichts·hof ab·schlägig be·ant·wortet. Der Schrein·besuch eines Premier·ministers stellt daher einen Bruch der Verfassung dar.4

Anhand der folgenden Punkte zeigt sich allerdings, dass die gesetzliche Stellung und die tatsächliche Praxis gerade im Fall des Yasukuni Schreins weit auseinander klaffen.

Jahrestag der Kapitulation

Der bekannteste — wenn auch nicht der höchste — Feiertag des Schreins ist seit dem Ende des zweiten Welt·kriegs der 15. August, der Jahres·tag der japanischen Kapitulations·erklärung, also das Kriegs·ende. Offiziell wird der Feiertag als Friedens·feier bezeichnet. Der Schrein unter·hält sogar einen Tauben·schlag für weiße Tauben, die am 15. August demonstrativ frei·gesetzt werden. Doch ebenso wie der Name des Schreins hat auch dieses Fest eine ambi·valente Bezie·hung zum Frieden, wenn man etwa die zahl·rei·chen Kriegs·vetera·nen und rechts·radikalen Grup·pie·rungen in Betracht zieht, die an diesem Tag (von der Polizei vor Gegen·demons·tra·tion geschützt) an die angeblich glor·reichen Zeiten des Krieges und/oder ihre persön·lichen Opfer für das Vater·land erin·nern. Regel·mäßig wird bei dieser Gele·gen·heit auch für eine Verfas·sungs·änderung demons·triert, um Japan vom dort festge·schrie·benen Verzicht auf Krieg (Artikel 9) zu befreien. Ebenso wie der Schrein selbst dienen also auch die Feiern zum Jahres·tag des Kriegs·endes weniger einer pazifis·tischen Hoffnung auf Frieden, als revan·chis·tischen Wunsch·phantasien, die auf eine Ver·herr·lichung des Milita·rismus und eine Leugnung der japanischen Kriegsver·bre·chen im Zweiten Weltkrieg hinaus·laufen.

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Bei den Feiern im Yasukuni Schrein sammeln sich regelmäßig seltsame Cos-Player, die in antiquierten Uniformen an die Heldentaten der gefallenen Soldaten erinnern. Manche von ihnen mögen den Zweiten Weltkrieg tatsächlich mitgemacht haben.
Heisei-Zeit, 15. 8. 2007. Bildquelle: Quirky Japan Blog, 2008.
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Bei den Feiern am 15. August im Yasukuni Schrein sammeln sich alljährlich seltsame Cos-Player, die in antiquierten Uniformen an die Heldentaten der gefallenen Soldaten erinnern.
Heisei-Zeit, 15. 8. 2007. Bildquelle: News Sohu, 2008.
Yasukuni Veterane und Möchtegern-Veterane

„Heldenseelen“ und „Märtyrer“

Die Anzahl der im Yasukuni Schrein verehrten Heldenseelen liegt heute bei rund zwei·einhalb Millionen. Ihre Namen sind pein·lichst genau in Listen erfasst. Diese Listen stellen das shintai [shintai (jap.) 神体 heiliges Objekt eines Shintō-Schreins; wtl. „Gottkörper“], also das Hauptheiligtum des Schreins dar. Während zu Kriegs·ende 1945 etwa 250.000 Gefallene in diesen Listen verzeichnet waren, kamen über 90% erst nach dem Zweiten Weltkrieg dazu. Der Schrein ist heute also in erster Linie eine Gedenk·stätte für die japanischen Opfer des zweiten Welt·kriegs. Dass diese Opfer überhaupt so genau erfasst werden konnten, war nur durch die Zu·sammen·arbeit mit den Behörden möglich, die laut Verfassung eigentlich gar nicht hätte stattfinden dürfen.

Zu einem wirklich heißen politischen Thema wurde der Schrein aber erst nach 1978, als vierzehn so·ge·nannte „Shōwa Märtyrer“ in den Kreis der verehrten Gott·heiten des Schreins auf·ge·nommen wurden. Viele dieser „Märtyrer“ waren als Kriegs·verbrecher der obersten Klasse hin·ge·richtet worden, unter ihnen auch Tōjō Hideki [Tōjō Hideki (jap.) 東條英機 1884–1948; General und Premierminister während des 2. WKs; verurteilter Kriegsverbrecher; kami des Yasukuni Schreins] (1884–1948), der als Ober·befehls·haber und Premier·minister während des Zweiten Welt·kriegs die Spitze so·wohl der politischen als auch der militärischen Macht Japans dar·stellte.

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8 Schauraum des War Memorial Museums im Yasukuni Schrein.
Bilder von im Schrein vergöttlichten Soldaten. Im Vordergrund rechts Tōjō Hideki, der während der meisten Zeit des Pazifischen Krieges (1941–44) Heerführer und Premierminister in Personalunion war und nach dem Krieg als Kriegsverbrecher der Obersten Klasse hingerichtet wurde.
Yamamoto Munesuke, 2005.
Bilder von im Schrein vergöttlichten Soldaten.
Im Vordergrund rechts der japanische Oberbefehlshaber im Zweiten Weltkrieg, Tōjō Hideki.

Spiel mit der politischen Provokation

Nach Kriegsende besuchten sowohl der Tennō als auch diverse hohe Politiker den Schrein. Dies warf von Anfang an die Frage auf, ob dies mit der verfassungsgemäßen Trennung von Religion und Staat vereinbar sei. Als Anfang der 80er Jahre allerdings bekannt wurde, dass zu den im Yasukuni Schrein verehrten kami auch die Seelen von vierzehn „Klasse-A Kriegsverbrechern“ zählten (s.o.), polari·sierten die Yasukuni-Besuche von Politikern nicht nur die japa·nische Wähler·schaft, sondern auch die Welt·öffent·lich·keit. Vor allem China und Korea reagieren seither sehr empfind·lich auf Besuche von offiziellen Amts·trägern beim Yasukuni Schrein. Während der Tennō von nun an auf Besuche des Schreins verzichtete, fühlten sich Politiker·typen, die sich als „starker Mann“ gerieren, offenbar umso mehr heraus·gefordert.

Den ersten international beachteten Tabu·bruch dieser Art setzte 1985 Nakasone Yasuhiro [Nakasone Yasuhiro (jap.) 中曽根康弘 1918–2019; japanischer Premierminister, r. 1982–1987]. Angesichts der unerwartet heftigen außen·politischen Verstimmungen, die er mit dem Schrein·besuch hervorrief, wiederholte er diesen allerdings nicht mehr. Ähnlich verhielten sich auch die meisten Premier·minister nach ihm.

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Kaiser Hirohito (Shōwa Tennō) besuchte den Yasukuni Schrein sowohl vor als auch nach dem Krieg (zwischen 1952 und 1975 insgesamt acht mal). Kaiserliche Besuche wurden allerdings 1978, nach der Aufnahme von 14 der höchsten Kriegsverbrecher unter die verehrten Heldenseelen, offenbar aufgrund einer persönlichen Entscheidung des Tennō (Breen 2007, S. 4.) eingestellt.
30. Okt. 1969. Bildquelle: ysf009, 2012 (Chin. Blog).
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Koizumi Jun'ichirō (Ministerpräsident von 2001–2006) — hier in Begleitung eines Priesters und anderer Politiker — war der japanische Staatschef, der den Yasukuni Schrein bislang in offizieller oder halboffizieller Form am häufigsten besuchte und damit ernsthafte diplomatische Konflikte mit China und Korea provozierte.
21. Apr. 2002. Bildquelle: ysf009, 2012 (Chin. Blog).
Kaiser Hirohito (1969) und Koizumi Jun'ichirō (2002) im Yasukuni Schrein

Dies änderte sich mit Koizumi Jun'ichirō [Koizumi Jun'ichirō (jap.) 小泉純一郎 1942–; japanischer Premierminister; (r. 2001–2006)], der während seiner fünf·jährigen Amtszeit (2001–2006) jährlich zum Yasukuni Schrein pilgerte. Ganz offen·sicht·lich versprach er sich davon einen populis·tischen Prestige·gewinn, vor allem im rechten poli·tischen Lager, wo die Botschaft verstanden wurde:

  • Rehabili·tierung des Yasukuni Schreins als nationales Symbol
  • Relatiti·vierung der ne·gati·ven Sicht auf die Kriegs·ver·gangen·heit Japans
  • Revision der Verfassung5

Obwohl selbst in Koizumis eigener Partei Stimmen gegen die Brüs·kierung des Auslands laut wurden, war Koizumi sein „Patriotismus“ wichtiger als ein einver·nehm·liches Verhältnis mit China. Umfragen in der japanischen Bevölkerung haben zwar er·geben, dass nur etwa 20% der Japaner für einen Besuch ihres Premiers beim Yasukuni Schrein sind, aber offen·sicht·lich ist auch nur eine Minder·heit wirklich empört über einen derartigen Akt, sodass ein Besuch des Premier·ministers insgesamt doch einen Stimmen·gewinn erzeugen kann.

Vor allem aber scheint das Thema Yasukuni eine Art Testfall darzustellen, ob und wie der lange gehegte Plan einer Revision der Verfassung zu verwirklichen sei. Eine derartige Revision würde nicht nur die Trennung von Staat und Religion aufweichen, sondern vor allem die Wider·rufung von Japans Verzicht auf militärische Gewalt zur Folge haben.

Totenberuhigung oder Heldenkult?

Die Natur und der tiefere Sinn des im Yasukuni Schrein praktizierten Kultes ist unter Wissen·schaft·lern fast eben·so umstritten, wie die Existenz des Schreins selbst. Einer·seits lässt er sich natürlich als pro·fanes Krieger·denkmal inter·pretieren, anderer·seits gibt es ja tatsächlich Shintō-Priester, die dort tradi·tionelle rituelle Aufgaben ver·richten, ange·fangen von den kaiserlichen Emissären, die dort in Vertretung des Tennō Opfergaben für die Götter in Form von Seide über·bringen. Auch findet man überall auf dem Schrein·gelände Glücksbringer und Wächterfiguren, wie sie auch sonst für religiöse Institutionen in Japan typisch sind. Der Japanologe und Religions·wissenschaftler Klaus Antoni vertritt daher die Meinung, der Yasukuni Schrein setze im Grunde eine lange Tradition der Toten·be·ruhi·gung weiter fort.6

Die Tröstung der Seelen von Ver·stor·benen ist zweifellos tief in der japa·nischen Kultur verankert. Tröstung bedeutet in diesem Fall nicht nur Andenken und Verehrung, sondern auch Beruhigung jener rächenden Impulse, die man insbe·sondere jenen Toten·seelen unterstellt, die unter gewalt·samen oder unnatür·lichen Umständen zu Tode kommen (s. dazu Gespenster und Totengeister). Antoni sieht daher auch die primäre Funktion des Yasukuni Schreins darin, entspre·chende latent vor·han·dene Ängste gegen·über den gefallenen Soldaten zu kana·lisieren.

Dagegen lässt sich einwenden, dass die Aufgabe der Beruhi·gung der Totenseele tradi·tioneller·weise dem Bud·dhis·mus zufällt, während sich Shintō Schreine auf der Grundlage des kegare [kegare (jap.) 穢れ rituelle Verunreinigung, Befleckung, Schande]-Tabus vom Kontakt mit der Totenwelt eher fernhalten. Darüber hinaus entspringt das Bedürfnis, die Seelen der Verstor·benen zu „befrieden“, einer latenten Angst vor jedwedem Totengeist, egal ob es sich ehemals um Freund oder Feind handelt. Traditionelle Zere·monien für Kriegs·opfer beziehen sich daher oft unter·schieds·los auf alle Gefallenen, oder richten sich sogar aus·schließ·lich an die gefallenen Feinde,7 da diese ein besonderes Potential in sich tragen, als grollende Rache·geister (onryō [onryō (jap.) 怨霊 Rachegeist]) wieder·zu·kehren. Die traditionellen Toten·riten haben daher nicht das primäre Ziel, die Ver·gan·gen·heit der Verstorbenen in ein positives Licht zu rücken, sondern es geht um die Ge·gen·wart, in der man die Geister oder Toten·seelen anwesend und wirksam vermutet.

Im Yasukuni Schrein scheint es hin·ge·gen auf den ersten Blick so zu sein, dass nur Soldaten, die für den Tennō ihr Leben ließen, geehrt werden. Tatsächlich war dies von Anfang an das Haupt·anliegen des Schreins,8 das sich insofern doch deutlich von der traditionellen, all·gemei·nen Furcht vor grollenden Toten·seelen unterscheidet. Auch die räum·liche Nähe zum Kaiser·palast deutet darauf hin, dass die traditionelle Angst vor dem kegare des Todes in diesem Fall wohl nicht gegeben war. Der Yasukuni Schrein ist daher ein Ort eines neu·artigen, modernen Toten·geden·kens, wo die persönliche Erinnerung an den Verstorbenen durch die Nähe zum Tennō überhöht werden soll. Die Schwierigkeit, die Auflösung des Schreins zu fordern, liegt unter anderem darin, dass eine große Gruppe von ansonsten unpolitischen Hinter·bliebenen tatsächlich durch enge emotionale Bindungen mit dem Schrein verbunden ist.

Allerdings beherbergt die Anlage einen kleinen Neben·schrein, der kaum einem Besucher auffällt, da er durch einen Zaun vor den Blicken der Allge·meinheit abge·schirmt ist. In diesem gut ver·steckten Seiten·schrein, der den Namen Chinreisha (Seelen·besänftigungs·schrein) trägt, werden tatsächlich auch die Seelen der gefallenen Feinde verehrt.9 Dieser Schrein, der erst in den 1960er Jahren errichtet wurde, stellt also so etwas wie ein Zeichen der Wieder·gut·machung gegenüber getöteten Feinden dar. Insofern kann er auch als Zu·geständnis an die traditionelle Form der Geister·beru·higung ange·sehen werden.

Es gibt also Hinweise, dass sich der Schrein — wenngleich verschämt — an traditionelle Formen des Toten·geden·kens an·gepasst hat, im Vorder·grund stehen allerdings auch aus hiesigen Krieger·denkmals·kulten bekannte Motive einer Ehrung der Gefallenen, die untrennbar mit der Glorifi·zierung des Krieges an sich verbunden sind. Dass sich Japan an der Schwelle zur Moderni·sierung des Shintō bediente, um seine Kriegs·gefal·lenen zu glori·fizieren, liegt also meiner Ansicht nach weniger an unter·schwel·ligen Ängsten, die religiös beseitigt werden sollten. Eher bot sich der Shintō als eine Tradition des Herrscher·kults an, die seit der Heian [Heian (jap.) 平安 auch Heian-kyō 平安京, „Stadt des Friedens“; politisches Zentrum 794–1185 (= Heian-Zeit)]-Zeit am Kaiserhof gepflegt wurde, allerdings mit einigen gravierenden Änderungen an dieser Tradition, die im folgenden Abschnitt besprochen werden.

Ōmura Masujirō und die Schizophrenie des Nationalismus

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11 Statue des Ōmura Masujirō im Yasukuni Schrein, 1945
Postkarte aus der Zwischenkriegszeit. Im Vordergrund die Statue Ōmuras, damals mit Kanonen „verziert“. Im Hintergrund das zweite torii und das shinmon des Yasukuni Schreins.
Frühe Shōwa-Zeit, vor 1945. East Asia Image Collection, Digital Image Collections at Lafayette.

Über den ideo·logischen Konflikten rund um den Schrein wird leicht vergessen, dass er unter allen bekann·ten Schreinen Japans nicht nur einer der weltlichsten, sondern auch einer der „westlichsten“ ist. Während die Haupt·gebäude selbst nach mehr oder weniger traditionellem Muster errichtet wurden, lässt sich dieser westliche Einfluss beispiels·weise anhand der nach westlichen Vor·bildern gestaltete Zugangs·allee der Anlage identifizieren. Dieser Einfluss wird noch deutlicher, wenn man sich die Statue genauer ansieht, die neben dem übergroßen torii einen promi·nenten Blickfang der Zu·gangs·allee darstellt. Stolz teilt dazu die Website des Yasukuni Schreins mit, dass es sich um das erste japanische Bronze·monu·ment im west·lichen Stil aus dem Jahr 1893 handelt. In der Tat war die Her·stellung der Statue ein sorg·fältig ge·plantes Groß·projekt, mit dem das Japan der Meiji-Zeit offenbar unter Beweis stellen wollte, dass es technologisch mit dem Westen mithalten konnte. Zu diesem Zweck wurde ein junger Bildhauer, Ōkuma Ujihiro (1856–1934), für zwei Jahre nach Europa geschickt, um sich dort die nötigen Kenntnisse zur Anfertigung der Statue anzueignen.

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12 Ōmura Masujirō
Trotz anders lautender Signatur soll es sich bei dem Original dieser Buchillustration um ein posthumes Portrait Ōmuras handeln, das der italienische Lithograph Edoardo Chiossone, der auch mehrere bekannte Geldscheinmotive für die Meiji-Regierung entwarf, anfertigte.
Werk von Edoardo Chiossone (1833–1898). Meiji-Zeit. National Diet Library, Tōkyō.

Wer aber sollte mit soviel Aufwand verewigt werden? Es ist der „Vater der moder·nen japa·nischen Armee“ Ōmura Masujirō [Ōmura Masujirō (jap.) 大村益次郎 1824–1869; Vizekriegsminister der frühen Meiji Regierung, Reformer des Militärwesens nach westlichem Muster], der zugleich auch als geistiger Vater des Yasukuni Schreins angesehen werden kann. Die heutigen Bewunderer dieses Ōmura Masujirō übersehen allerdings zumeist geflissentlich, dass er wegen seiner modernistischen Ideen im Jahr 1869 von genau jenen xenophoben Loyalisten des Tennō umgebracht wurde, deren geistige Nachfahren heute zu den energischsten Unterstützern des Schreins zählen.

Ōmura war bereits vor der Meiji-Restauration ein wiss·begie·riger Student westlichen Wissens ge·wesen und hatte unter den wenigen gelehrten Ausländern, die zu dieser Zeit in Japan waren (u.a. der deutsche Arzt Philipp Franz von Siebold [Siebold, Philipp Franz von (west.) 1796–1866; deutscher Arzt, Naturforscher, Japanreisender und Sammler; Pionier der Japanforschung] und der amerikanische Missionar und Linguist James Curtis Hepburn [Hepburn, James Curtis (west.) 1815–1911; amerikanischer Missionar und Pionier der Japanforschung; entwickelte die heute noch gebräuchliche Hepburn-Umschrift des Japanischen]) zunächst Medizin aber auch das westliche Militär·wesen studiert. Er zählte zum Kern jener politischen Reformer aus Chōshū [Chōshū (jap.) 長州 auch Nagato; alte Provinz im Westen von Japans Hauptinsel Honshū, heute Teil von Yamaguchi-ken.] in West-Japan, die den politischen Umbruch der Meiji-Restauration vor·berei·teten, im kurzen, aber heftigen Bürgerkrieg von 1868–69 (Bōshin Sensō [Bōshin Sensō (jap.) 戊辰戦争 Bōshin-Krieg (1868–1869); Bürgerkrieg zwischen Tennō-Loyalisten und Shōgunatstruppen am Beginn der Meiji-Zeit. Bōshin bezeichnet das Jahr 1868]) die Truppen der Shōgunats·regie·rung besiegen konnten, und danach die wich·tigsten Regie·rungs·ämter inne hatten. Aufgrund seiner strate·gischen Ver·dienste im Bōshin-Krieg wurde Ōmura de facto zum Kriegs·minis·ter der neuen Meiji-Regie·rung und plädierte in dieser Eigen·schaft für die all·ge·meine Wehr·pflicht und die Ab·schaf·fung des Samurai-Standes als Grund·voraus·setzung einer militä·rischen Reform. Obwohl diese Ideen bereits in der frühen Meiji-Zeit umgesetzt wurden, fiel Ōmura selbst noch vor ihrer Ver·wirkli·chung, 1869, einem Anschlag ehe·maliger Waffen·brüder zum Opfer, die ihre Samurai-Privilegien nicht abgeben wollten. Im gleichen Jahr, im 6. Monat 1869, hatte er außer·dem die Er·richtung eines Schreins zum Gedenken an die Seelen der Gefallenen im Bōshin-Krieg beantragt. Dieser Schrein wurde auch er·richtet und erhielt 1879 schließ·lich seinen heute be·kann·ten Namen, Yasukuni.

Obwohl zu Lebzeiten kontroversiell und umstritten, gab der Erfolg Ōmuras Ideen zunächst recht. Zu diesen Ideen zählten sowohl eine Ver·allge·meine·rung der Wehr·pflicht als auch eine Ver·all·gemei·nerung der Helden·ver·ehrung. Sowohl die Kriegs·führung selbst als auch die Ehrung der Kriegs·helden sollten nun nicht mehr das Pri·vileg eines elitären Standes, der Samurai, sein. Gleich·zeitig wurde diese Ehrung durch die höchste denk·bare Auto·rität, den Tennō selbst, vor·genom·men. Der Yasukuni Schrein war damit der einzige Schrein, in dem der Tennō, der den Schrein bis zum Ende des Zweiten Welt·kriegs regel·mäßig be·suchte, An·ge·hörige der all·ge·meinen Bevöl·kerung ehrte. Die vielleicht wichtigste religions·ge·schicht·liche Inno·vation der Insti·tution Yasukuni bestand also in der Her·stel·lung einer direkten rituellen Ver·bin·dung zwischen Tennō und Volk, ein Phänomen, das in Europa seit der römi·schen Antike eine Selbst·verständ·lichkeit dar·stellt, in Japan aber ganz gegen alle bis·herigen Ge·pflogen·heiten verstieß.

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13 Meiji Tennō im Yasukuni Schrein, 1895
Besuch des Meiji Tennō (im Vordergrund zu Pferd) im Yasukuni Schrein. Im Hintergrund ist die Haupthalle des Schreins zu sehen, die heute noch existiert, allerdings durch eine später errichtete Gebetshalle kaum mehr sichtbar ist.
Werk von Shinohara Kiyooki. Meiji-Zeit, 1895. Museum of Fine Arts, Boston.
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14 Geldschein mit Yasukuni Motiv, 1943
Geldschein aus Japans Kriegszeit (1942–45) mit dem Motiv des Yasukuni Schreins.
Frühe Shōwa-Zeit, 1944. Wikimedia Commons.

So fortschrittlich diese Gedanken im neunzehnten Jahrhundert waren, so sehr wurden sie im zwan·zigsten Jahr·hundert zum Problem: Die Zentra·lisie·rung und Ver·all·gemei·ne·rung des Militär·wesens stellte die Grund·vor·aus·setzung des japa·nischen Imperialis·mus dar, während die Helden·verehrung im Yasukuni Schrein zum Modell dessen wurde, was man heute Staatsshintō nennt. Wie man diese Ent·wick·lungen bewer·tet, ist letztlich eine Frage der ideo·logischen Grund·haltung. Was aber von Kritikern und Befür·wortern des Staats·shinto gerne über·sehen wird, ist die Tat·sache, dass es sich dabei um ein Produkt der Mo·derne oder der „Ver·west·lichung“ Japans handelt. Märtyrer des Patrio·tis·mus, mit denen sich alle Klassen der Gesellschaft iden·tifi·zieren kön·nen und sollen, sind eine Be·gleit·erschei·nung des modernen National·staats. Spezifisch japa·nisch sind im Falle des Yasukuni Schreins ledig·lich die archi·tek·toni·schen und rituel·len Ele·mente. Selbst auf der Ebene der Sym·bole bedient sich der Schrein west·licher Codes, wenn man etwa an die Zucht von weißen „Friedens·tauben“ denkt.

Die Ironie der Geschichte liegt nun darin, dass ausgerechnet dieser westlichste aller Schreine zum Symbol·ort „echten Japaner·tums“ wurde, während sich seine Kriti·ker vor·werfen lassen müssen, keine wahren Patrioten zu sein.

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15 Gesamtanlage des Schreins im Zentrum der Metropole Tōkyō
Yasukuni Schreinanlage aus der Vogelperspektive, von Norden aus gesehen. Der Park im Hintergrund zählt bereits zur weitläufigen Anlage des kaiserlichen Palastes in Tōkyō. Im Vordergrund links das Yūshū-kan, ein modernes Kriegsmuseum. Was heute kaum mehr auffällt, ist die Hügellage des Schreins, die einstmals einen grandiosen Blick auf Tōkyō bot.
Bernhard Scheid, flickr, 2012.

Verweise

Verwandte Themen

Fußnoten

  1. Shotōka shūshin 初等科修身, hg. vom jap. Unterrichtsministerium 1942; engl. Ü. in Takahashi 2006, S. 160–61; Originaltext bei Ōsaka kyōikuhō kenkyūkai [Stand Feb. 2015], wo sich auch die leicht abweichende Fassung von 1920 findet.
  2. Die Aktualisierung dieses Artikels im Februar 2015 verdankt einige An·regun·gen einer Seminararbeit von Patrick Vierthaler (Universität Wien), herzlichen Dank.
  3. Nelson 2003, S. 449.
  4. Breen 2007, S. 2.
  5. S. dazu Takahashi 2006.
  6. Antoni 1988.
  7. Siehe das Beispiel des Mimizuka („Ohrenhügel“) in Kyōto, wo Ohren und Nasen von Koreanern, die im Korea Feldzug des Toyotomi Hideyoshi [Toyotomi Hideyoshi (jap.) 豊臣秀吉 1537–1598, Feldherr, militärischer Machthaber; bekannt als der zweite von drei Reichseinigern am Ende der „Zeit der kämpfenden Länder“ (Sengoku Jidai)] getötet wurden, bestattet sind. Auch der Usa Hachiman Schrein in Kyūshū kennt ein Seelen·besänf·ti·gungs·ritual, das aus·schließ·lich an die getö·teten Feinde gerichtet ist.
  8. Erste Riten zur Ehrung von Märtyrern der Tennō-Loyalisten im Kampf gegen das Shōgunat lassen sich bis 1853 zurück verfolgen. S. dazu Nelson 2003, S. 447–50.
  9. s. dazu ausführlich den Online-Aufsatz von John Breen, 2005.

Internetquellen

Siehe auch Internetquellen


Letzte Überprüfung der Linkadressen: Sept. 2016

Literatur

Siehe auch Literaturliste

Klaus Antoni, „Yasukuni-Jinja and Folk Religion: The Problem of Vengeful Spirits“. Asian Folklore Studies 47:1 (1988), 123–36.
John Breen (Hg.), Yasukuni, the war dead, and the struggle for Japan's past. London: Hurst, 2007.
Helen Hardacre, Shinto and the State, 1868–1988. Princeton: Princeton University Press, 1991.
John Nelson, „Social Memory as Ritual Practice: Commemorating Spirits of the Military Dead at Yasukuni Shinto Shrine“. The Journal of Asian Studies 62:2 (2003), 443–67.
Takahashi Tetsuya, „The national politics of the Yasukuni Shrine“. In: Shimazu Naoko (Hg.), Nationalisms in Japan. New York: Routledge, 2006, 155–180. (Online.) [Ü. Philip Seaton.]

Bilder

Quellen und Erläuterungen zu den Bildern auf dieser Seite

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    Yasukuni torii.jpg
    Monumentales torii im shinmei-Stil am Eingang der Schreinanlage des Yasukuni Jinja. Zur Zeit seiner Errichtung (1921) das größte torii Japans; 1943 zur Kriegsmaterialgewinnung eingeschmolzen; 1974 neu errichtet. Mit 25m Höhe nach wie vor das größte torii Japans.
    20. Jh. Bernhard Scheid, flickr, 2012.
  2. ^ 
    Yasukuni komainu.jpg
    Ein Löwenhund (komainu) am Eingang des Yasukuni Schreins, stilistisch den sog. Chinesischen Löwen des Tōdaiji in Nara nachempfunden (siehe Sidepage Komainu), allerdings noch triumphaler gestaltet. Die Statue wurde von der Industriellenfamilie Katakura gestiftet und stammt aus der Zeit, als der Schrein unter dem Architekten Itō Chūta (1867–1954) erweitert wurde.
    Werk von Itō Chūta (Entwurf). 1933. Bernhard Scheid, flickr, 2012.
  3. ^ 
    Omura masujiro.jpg
    Ōmura Masujirō (1824–1869) gilt als der Architekt des japanischen Militärwesens nach westlichem Muster, fiel aber in den politischen Wirren der frühen Meiji-Zeit einem Attentat zum Opfer. Der Yasukuni Schrein ist laut Angaben des Schreins ebenfalls sein Geisteskind. Die 1893 zu seinen Ehren im Yasukuni Schrein errichtete Statue ist das erste in westlichem Stil gestaltete Monument Japans. Der Bildhauer absolvierte eigens ein Auslandsstudium in mehreren europäischen Ländern, um sie anfertigen zu können.
    Werk von Ōkuma Ujihiro (1856–1934). Meiji-Zeit, 1893. Bernhard Scheid, flickr, 2012.
  4. ^ 
    Yasukuni shinmon.jpg
    Die Hauptgebäude des Yasukuni Schreins durch das Tor zur inneren Anlage (shinmon) betrachtet. An den geöffneten Türflügeln ist undeutlich das kaiserliche Chrysanthemenwappen erkennbar, das sich auch auf den Tüchern am Eingang der Gebetshalle wiederfindet.
    Werk von Itō Chūta. 1934. Bernhard Scheid, flickr, 2012.
  5. ^ 
    Yasukuni haiden.jpg
    Die Gebetshalle (haiden) des Yasukuni Schreins. Dahinter befindet sich, den Blicken der Öffentlichkeit entzogen die eigentliche Haupthalle (honden) sowie ein weiterer Schrein, in dem die Listen der gefallenen, im Schrein verehrten Helden aufbewahrt sind.
    20. Jh. Bernhard Scheid, flickr, 2012.
  6. ^ 
    Yasukuni veteranen2.jpg
    Bei den Feiern im Yasukuni Schrein sammeln sich regelmäßig seltsame Cos-Player, die in antiquierten Uniformen an die Heldentaten der gefallenen Soldaten erinnern. Manche von ihnen mögen den Zweiten Weltkrieg tatsächlich mitgemacht haben.
    Heisei-Zeit, 15. 8. 2007. Bildquelle: Quirky Japan Blog, 2008.
  7. ^ 
    Yasukuni veteranen1.jpg
    Bei den Feiern am 15. August im Yasukuni Schrein sammeln sich alljährlich seltsame Cos-Player, die in antiquierten Uniformen an die Heldentaten der gefallenen Soldaten erinnern.
    Heisei-Zeit, 15. 8. 2007. Bildquelle: News Sohu, 2008.
  8. ^ 
    Yasukuni displayroom tojo.jpg
    Bilder von im Schrein vergöttlichten Soldaten. Im Vordergrund rechts Tōjō Hideki, der während der meisten Zeit des Pazifischen Krieges (1941–44) Heerführer und Premierminister in Personalunion war und nach dem Krieg als Kriegsverbrecher der Obersten Klasse hingerichtet wurde.
    Yamamoto Munesuke, 2005.
  1. ^ 
    Hirohito yasukuni.jpg
    Kaiser Hirohito (Shōwa Tennō) besuchte den Yasukuni Schrein sowohl vor als auch nach dem Krieg (zwischen 1952 und 1975 insgesamt acht mal). Kaiserliche Besuche wurden allerdings 1978, nach der Aufnahme von 14 der höchsten Kriegsverbrecher unter die verehrten Heldenseelen, offenbar aufgrund einer persönlichen Entscheidung des Tennō (Breen 2007, S. 4.) eingestellt.
    30. Okt. 1969. Bildquelle: ysf009, 2012 (Chin. Blog).
  2. ^ 
    Koizumi yasukuni.jpg
    Koizumi Jun'ichirō (Ministerpräsident von 2001–2006) — hier in Begleitung eines Priesters und anderer Politiker — war der japanische Staatschef, der den Yasukuni Schrein bislang in offizieller oder halboffizieller Form am häufigsten besuchte und damit ernsthafte diplomatische Konflikte mit China und Korea provozierte.
    21. Apr. 2002. Bildquelle: ysf009, 2012 (Chin. Blog).
  3. ^ 
    Omura 1945.jpg
    Postkarte aus der Zwischenkriegszeit. Im Vordergrund die Statue Ōmuras, damals mit Kanonen „verziert“. Im Hintergrund das zweite torii und das shinmon des Yasukuni Schreins.
    Frühe Shōwa-Zeit, vor 1945. East Asia Image Collection, Digital Image Collections at Lafayette.
  4. ^ 
    Omura chiossone.jpg
    Trotz anders lautender Signatur soll es sich bei dem Original dieser Buchillustration um ein posthumes Portrait Ōmuras handeln, das der italienische Lithograph Edoardo Chiossone, der auch mehrere bekannte Geldscheinmotive für die Meiji-Regierung entwarf, anfertigte.
    Werk von Edoardo Chiossone (1833–1898). Meiji-Zeit. National Diet Library, Tōkyō.
  5. ^ 
    Yasukuni meiji tenno.jpg
    Besuch des Meiji Tennō (im Vordergrund zu Pferd) im Yasukuni Schrein. Im Hintergrund ist die Haupthalle des Schreins zu sehen, die heute noch existiert, allerdings durch eine später errichtete Gebetshalle kaum mehr sichtbar ist.
    Werk von Shinohara Kiyooki. Meiji-Zeit, 1895. Museum of Fine Arts, Boston.
  6. ^ 
    Yasukuni 50sen.jpg
    Geldschein aus Japans Kriegszeit (1942–45) mit dem Motiv des Yasukuni Schreins.
    Frühe Shōwa-Zeit, 1944. Wikimedia Commons.
  7. ^ 
    Yasukuni anlage.jpg
    Yasukuni Schreinanlage aus der Vogelperspektive, von Norden aus gesehen. Der Park im Hintergrund zählt bereits zur weitläufigen Anlage des kaiserlichen Palastes in Tōkyō. Im Vordergrund links das Yūshū-kan, ein modernes Kriegsmuseum. Was heute kaum mehr auffällt, ist die Hügellage des Schreins, die einstmals einen grandiosen Blick auf Tōkyō bot.
    Bernhard Scheid, flickr, 2012.

Glossar

Namen und Fachbegriffe auf dieser Seite

  • Abe Shinzō 安倍晋三 ^ 1954–2022; japanischer Premierminister 2006–2007 und 2012–2020
  • Antoni, Klaus (west.) ^ 1953–; deutscher Japanologe und Kulturwissenschaftler an der Universität Tübingen
  • Bon^ Bon-Fest (Ahnenfest); in der Alltagssprache meist O-bon
  • Bōshin Sensō 戊辰戦争 ^ Bōshin-Krieg (1868–1869); Bürgerkrieg zwischen Tennō-Loyalisten und Shōgunatstruppen am Beginn der Meiji-Zeit. Bōshin bezeichnet das Jahr 1868
  • bushi 武士 ^ Krieger, Samurai
  • Chinrei-sha 鎮霊社 ^ Seelenbesänftigungsschrein; Seitenschrein des Yasukuni Jinja
  • Chōshū 長州 ^ auch Nagato; alte Provinz im Westen von Japans Hauptinsel Honshū, heute Teil von Yamaguchi-ken.
  • eirei 英霊 ^ „Heldenseele“; bezeichnet v.a. die im Yasukuni Schrein verehrten Kriegshelden
  • Heian 平安 ^ auch Heian-kyō 平安京, „Stadt des Friedens“; politisches Zentrum 794–1185 (= Heian-Zeit)
  • Hepburn, James Curtis (west.) ^ 1815–1911; amerikanischer Missionar und Pionier der Japanforschung; entwickelte die heute noch gebräuchliche Hepburn-Umschrift des Japanischen
  • kami^ Gottheit; im engeren Sinne einheimische oder lokale japanische Gottheit, Schreingottheit (s. jinja), Gottheit des Shintō
  • kegare 穢れ ^ rituelle Verunreinigung, Befleckung, Schande
  • kimi^ Herrscher, Herr; im modernen Sprachgebrauch entweder altertümliche Bezeichnung für den Tennō oder ugsp. für „du“
  • Koizumi Jun'ichirō 小泉純一郎 ^ 1942–; japanischer Premierminister; (r. 2001–2006)
  • Meiji 明治 ^ posthumer Name von Kaiser Mutsuhito; nach ihm wird auch die Meiji-Zeit (1868–1912) benannt
  • Mitama Matsuri みたままつり ^ Ahnenfest (wtl. Seelen-Fest) am Yasukuni Jinja in Tōkyō; wurde 1947 in Anlehnung an das Bon-Fest entwickelt
  • Nakasone Yasuhiro 中曽根康弘 ^ 1918–2019; japanischer Premierminister, r. 1982–1987
  • onryō 怨霊 ^ Rachegeist
  • Ōkuma Ujihiro 大熊氏廣 ^ 1856–1934; Bildhauer; Pionier westlicher Skulpturtechniken
  • Ōmura Masujirō 大村益次郎 ^ 1824–1869; Vizekriegsminister der frühen Meiji Regierung, Reformer des Militärwesens nach westlichem Muster
  • shintai 神体 ^ heiliges Objekt eines Shintō-Schreins; wtl. „Gottkörper“
  • Shōkon-sha 招魂社 ^ wtl. „Schrein zur Herbeirufung der [Helden]seelen“; Schrein zum Gedenken an gefallene Sodaten, ab der Meiji-Zeit in Gebrauch; berühmtester Vertreter ist der Yasukuni Jinja in Tōkyō
  • Shōwa 昭和 ^ Regierungszeit des Tennō Hirohito (1926–1989)
  • shūshin 修身 ^ Moral- bzw. Ethikunterricht im ehemaligen jap. Schulsystem
  • Siebold, Philipp Franz von (west.) ^ 1796–1866; deutscher Arzt, Naturforscher, Japanreisender und Sammler; Pionier der Japanforschung
  • Tennō 天皇 ^ jap. „Kaiser“-Titel, wtl. Herrscher des Himmels
  • tennō heika 天皇陛下 ^ kaiserliche Majestät; ehrenvolle Bezeichnung für den amtierenden Tennō
  • torii 鳥居 ^ Torii, Schreintor; wtl. „Vogelsitz“; s. dazu Torii: Markenzeichen der kami
  • Tōjō Hideki 東條英機 ^ 1884–1948; General und Premierminister während des 2. WKs; verurteilter Kriegsverbrecher; kami des Yasukuni Schreins
  • Yasukuni Jinja 靖国神社 ^ Yasukuni Schrein, Tōkyō; Schrein zum Gedenken an Kriegsgefallene
Religion in JapanEssays
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„Yasukuni: Der Schrein des ‚friedlichen Landes‘.“ In: Bernhard Scheid, Religion-in-Japan: Ein digitales Handbuch. Universität Wien, seit 2001